Psalm (Ps) 126: Auslegung und Kommentar
Auslegung und Kommentar zum Psalm (Ps) 126: Der Herr erlöst
Ps 126,1: Als der Herr die Gefangenen Zions zurückbrachte, da waren wir wie Träumende.
Lasst uns die Gefängnisse betrachten, aus denen wir befreit worden sind. Ach aus wie vielfältigen Trübsalen, aus welch tiefer Niedergeschlagenheit, von welch bösen Rückfällen, von welch gefährlichen Zweifeln sind wir befreit worden. Wir lagen tief drunten, waren in großer Not, ja alle Hoffnung war aus. Aber als der Herr erschien, riss er uns nicht nur aus der Verzweiflung, sondern erhob uns in staunende Glückseligkeit. Der Herr, der einzige, der unsere Gefangenschaft wenden kann, tut nichts halb. Er wendet Verzweiflung in Verzückung, Weinen in Lachen, Klageseufzer in Jubellieder.
Dieser Psalm lehrt uns, daß wir in unserem Gebet stets offen für die Hoffnung und fest im Glauben an Gott bleiben müssen. Wenn unsere Geschichte auch oft die Spuren von Schmerz, von Unsicherheit, von Augenblicken der Krise trägt, so ist sie doch Heilsgeschichte, in der das Los gewendet wird. In Jesus endet unser Exil, und jede Träne wird getrocknet, im Geheimnis seines Kreuzes, des in Leben verwandelten Todes, wie das Weizenkorn, das in der Erde aufbricht und zur Ähre wird. Auch für uns ist die Entdeckung Jesu Christi die große Freude über das Ja Gottes, der unser Los gewendet hat. Benedikt XVI
Ps 126,2: Da war unser Mund voll Lachen und unsere Zunge voll Jubel. Da sagte man unter den Heiden: Der Herr hat Großes an ihnen getan!
In unserem Gebet sollten wir öfter darauf blicken, wie der Herr uns in den Wechselfällen unseres Lebens geschützt, geleitet, geholfen hat, und ihn loben für das, was er für uns getan hat und tut. Wir müssen mehr auf die guten Dinge achten, die der Herr uns gibt. Wir achten immer auf die Probleme, auf die Schwierigkeiten, und fast wollen wir nicht merken, daß es schöne Dinge gibt, die vom Herrn kommen. Diese Achtsamkeit, die zur Dankbarkeit wird, ist sehr wichtig für uns und schenkt uns eine Erinnerung an das Gute, die uns auch in den dunklen Stunden hilft. Gott vollbringt große Dinge, und wer sie erfährt ist erfüllt von Freude. Benedikt XVI
Ps 126,3: Der Herr hat Großes an uns getan, wir sind fröhlich geworden.
Lasst uns unsere Freude bekennen und deren Grund anzeigen. Die Seele kann nirgends wirklich Freude finden als in Gott und seinen Werken. Wenn sie aber Gottes Wirken erkannt und erfahren hat, dann freut sie sich mit großer Freude. Weil Gott gehandelt, weil er seinen Sohn gegeben, weil er uns die Sünden vergeben und weil er uns befreit hat, können wir fröhlich sein, fröhlich in unserem Gott. Er hat gehandelt und er handelt weiter, so sind wir in der Freude!
Das göttliche Eingreifen nimmt oft unerwartete Formen an, die die Vorstellungskraft des Menschen übersteigen und dann entlädt sich das Staunen und die Freude im Lobpreis: Der Herr hat Großes getan. Benedikt XVI
Ps 126,4: Herr, bringe unsere Gefangenen zurück wie die Bäche im Negev!
Wie der Herr die trockenen Bachbetten im heißen Südland Palästinas nach der langen Sommerdürre durch den Herbstregen wieder mit Wasserströmen füllt, so kann er auch unsere im Kummer liegenden Seelen mit Fluten seiner Freude füllen. Das vermag der Herr an jedem von uns zu tun. Wenn wir um das gnädige Eingreifen Gottes bitten, ist es dabei gut, uns frühere Erfahrungen ins Gedächtnis zu rufen. Lasst uns das Vergangene nicht vergessen und angesichts unserer gegenwärtigen Schwierigkeiten unsere Zuflucht beim Herrn nehmen und ihn bitten, das zu tun, was wir einfach selbst nicht tun können.
Ps 126,5: Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
Kummervoll ist nur das Säen, mit Jubel sollen wir ernten. Aber ohne Tränen saat keine Freudenernte. Wären wir nie gefangen gewesen, so kennten wir auch nicht die selige Freude der Erlösung und Heimführung aus der Gefangenschaft. Auch der Same wird ins dunkle Gefängnis eingeschlossen, aus dem er wieder aufersteht zu goldenen Garben. Es berührt uns eigenartig, solche Verheißung der Fruchtbarkeit in engem Zusammenhang mit Rückkehr aus der Gefangenschaft zu finden. Unser Mund würde nie voll heiligen Lachens geworden sein, wenn er nicht zuvor die Bitterkeit des Kummers voll gekostet hätte. Die Tränen bilden einen auffälligen Kontrast zum Jubel der ersten Verse. Wer sich wirklich freut, freut sich, weil er weiß, wie schlimm seine Gefangenschaft war. Und darum muss er über die noch
Ps 126,6: Wer weinend hingeht und den Samen zur Aussaat trägt, der kommt gewiss mit Freuden zurück und bringt seine Garben.
So finden auch wir nach der großen Entdeckung Jesu Christi, wenn wir den Boden des Glaubens, das Land des Glaubens betreten, oft ein dunkles, hartes, schwieriges Leben vor, eine Aussaat unter Tränen, aber in der Gewißheit, daß Christus uns am Ende wirklich die große Ernte schenkt. Und das müssen wir auch in den dunklen Nächten lernen. Wir dürfen nicht vergessen, daß das Licht da ist, daß Gott schon mitten in unserem Leben ist und daß wir die Aussaat vornehmen können im großen Vertrauen, daß das Ja Gottes stärker ist als wir alle. Es ist wichtig, die Erinnerung an die Gegenwart Gottes in unserem Leben nicht zu verlieren, die tiefe Freude, daß Gott in unser Leben eingetreten ist und uns befreit hat: die Dankbarkeit für die Entdeckung Jesu Christi, der zu uns gekommen ist. Und diese Dankbarkeit verwandelt sich in Hoffnung, sie ist der Stern der Hoffnung, der uns Vertrauen schenkt, sie ist das Licht, denn gerade die Schmerzen der Aussaat sind der Beginn des neuen Lebens, der großen und endgültigen Freude Gottes. Benedikt XVI
Das war eine Auslegung und ein Kommentar zum Psalm (Ps) 126