Heiliger Geist
Inhaltsverzeichnis
1. Der heilige Geist als Sprachrohr Christi
Er wird von dem, was mein ist, nehmen. Joh 16,14
Der Geist stellt nicht etwas anderes oder Neues neben Christus; es gibt nicht – wie einige behaupten – eine Geistoffenbarung neben der Offenbarung Christi, es gibt keine zweite Offenbarungsebene. Nein: »Er wird von dem, was mein ist, nehmen«, sagt Christus im Evangelium (Joh 16,14). Und wie Christus nur das sagt, was er vom Vater hört und empfängt, so ist der Heilige Geist Sprachrohr Christi. »Er wird von dem, was mein ist, nehmen.« Er führt uns nicht zu anderen Orten, die weit weg von Christus sind, sondern er führt uns immer tiefer in das Licht Christi. Deshalb ist die christliche Offenbarung immer alt und neu zugleich. Deshalb ist uns alles seit jeher geschenkt. Gleichzeitig lernt jede Generation in der unerschöpflichen Begegnung mit dem Herrn – einer vom Heiligen Geist vermittelten Begegnung – immer etwas Neues. Benedikt XVI
2. Der heilige Geist als der Atem Jesus
Danach haucht er sie an und sagt zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Joh 20,22
Der Herr haucht die Jünger an und verleiht ihnen so den Heiligen Geist, seinen Geist. Der Atem Jesu ist der Heilige Geist. Wir erkennen hier zunächst eine Anspielung auf den Bericht von der Erschaffung des Menschen in der Genesis, wo es heißt: »Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem« (Gen 2,7). Der Mensch ist dieses geheimnisvolle Geschöpf, das ganz von der Erde stammt, dem aber der Atem Gottes eingehaucht wurde. Jesus haucht die Apostel an und beschenkt sie aufs neue, aber noch großartiger, mit Gottes Atem. In den Menschen ist jetzt trotz all ihrer Grenzen etwas absolut Neues – der Atem Gottes. Das Leben Gottes lebt in uns. Der Atem seiner Liebe, seiner Wahrheit und seiner Güte. Benedikt XVI
3. Der Heilige Geist als der Schöpfergeist
Der Geist Gottes schwebte über den Wassern. Gen 1,2
Wer oder was ist der Heilige Geist? Wie können wir ihn erkennen? Auf welche Weise gehen wir zu ihm und kommt er zu uns? Was wirkt er? Zuallererst: der heilige Geist ist ein Schöpfergeist. Das bezieht sich auf die Schöpfung. Dort heißt es zunächst, daß über dem Chaos, über der Urflut, Gottes Geist schwebte. Die Welt, in der wir leben, ist das Werk des Schöpfergeistes. Pfingsten ist so auch ein Fest der Schöpfung. Die Welt existiert nicht von allein. Sie kommt aus Gottes Schöpfergeist, aus Gottes Schöpferwort. Gerade derjenige, der als Christ an den Schöpfergeist glaubt, wird sich der Tatsache bewußt, daß wir die Welt und die Materie nicht als bloßes Material mißbrauchen dürfen, mit dem wir tun können, was wir wollen, sondern daß wir die Schöpfung als ein Geschenk betrachten müssen, das uns nicht anvertraut wurde, damit wir es zerstören, sondern damit es zum Garten Gottes und somit zum Garten des Menschen werde. Benedikt XVI
4. Der Heilige Geist als Wind
Der Geist weht, wo er will. Joh 3,8
Der Geist weht, wo er will. Aber der Wille des Geistes ist keine Willkür. Er ist der Wille der Wahrheit und des Guten. Daher weht er nicht irgendwoher und dreht sich mal hierhin und mal dorthin. Sein Wehen zerstreut uns nicht, sondern es sammelt uns, weil die Wahrheit vereint und die Liebe vereint. Der Heilige Geist ist der Geist Jesu Christi, der Geist, der den Vater mit dem Sohn in der Liebe vereint, die er im einzigen Gott schenkt und empfängt. Er vereint uns so sehr, daß der hl. Paulus einmal sagen konnte: Ihr alle seid einer in Christus Jesus (Gal 3,28). Der Heilige Geist treibt uns also mit seinem Wehen zu Christus.
5. Der Heilige Geist als Feuer
Löscht den Geist nicht aus! 1 Thess 5,19
Pfingsten sagt uns, dass der Heilige Geist Feuer ist. Ja, der Mensch soll Feuer haben, er soll nicht in einem langweiligen Dasein dahinvegetieren, er ist dazu geschaffen, Gott ähnlich zu sein, aber dieses Feuer als Kraft des Heiles bringt allein der Sohn, der sich dem Feuer der Liebe aussetzt und damit die Mauern der Feindschaft niederlegt und so Feuer zur Kraft der Verwandlung, der Liebe und einer neuen Welt werden lässt. Christentum ist Feuer. Es ist nicht eine langweilige Angelegenheit, ein frommer Wortschwall, mit dem wir uns an jeden Wagen anhängen können, um auch noch dabei zu sein. Christentum verlangt von uns die Leidenschaft des Glaubens, die zur Leidenschaft Jesu Christi steht und von ihr her die Welt erneuert.
6. Der Heilige Geist als Parakleten
Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand (Parakleten) geben. Joh 14,16
Einen Parakketen? Was heißt das? Im Lateinischen wurde dieses Wort mit Consolator übersetzt – der Tröster. Ganz wörtlich bedeutet das lateinische Wort: der, der in unsere Einsamkeit hereintritt und sie teilt; der in der Einsamkeit mit uns ist, so dass sie aufhört, Einsamkeit zu sein. Die Einsamkeit ist deshalb für den Menschen Raum der Traurigkeit, weil er die Liebe braucht und Einsamkeit, in die keine Liebe hineinleuchtet, Einsamkeit, die Liebesverlust ist, zugleich die innerste Bedingung unseres Lebens bedroht. Wer Gott nicht mag, mag auch den Menschen nicht. Das Ungeliebtsein ist der Kern menschlichen Leids, menschlicher Traurigkeit. Das Wort Consolator sagt uns: Wir sind nie ganz einsam, nie ganz von der Liebe verlassen. Gott ist durch den Heiligen Geist in unsere Einsamkeit hereingetreten und bricht sie auf. Das ist der wahre Trost – Trost nicht nur mit Worten, sondern Trost in der Kraft der Wirklichkeit.
7. Den heiligen Geist nicht beleidigen
Beleidigt nicht den Heiligen Geist Gottes. Eph 4,30
Ihr müßt stark sein, liebe Brüder und Schwestern! Stark sein durch die Kraft, die aus dem Glauben kommt! Ihr müßt stark sein durch eure Glaubenskraft! Ihr müßt treu sein! Mehr als in jeder anderen Epoche bedürft ihr gerade heute dieser Kraft. Ihr müßt stark sein durch die Kraft der Hoffnung, die die vollkommene Freude bringt und nicht zuläßt, daß ihr den Heiligen Geist beleidigt! Ihr müßt stark sein durch die Liebe, die stärker ist als der Tod. Ihr müßt stark sein durch die Kraft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, die bewußt, reif und verantwortungsvoll ist und die uns hilft, mit dem Menschen und mit der Welt zu diesem Zeitpunkt unserer Geschichte den großen Dialog zu führen: den Dialog mit dem Menschen und mit der Welt, der im Dialog mit Gott selbst begründet ist, im Dialog mit dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist; den Dialog des Heils. Johannes Paul II