Beichte
Inhaltsverzeichnis
1. Beichte als Geschenk
Deine Sünden sind dir vergeben! Mk 2,5
Die Beichte ist ein Ort, an dem Menschen über ihre Schuld und Schuldgefühle sprechen können. Aber Beichte ist mehr: in ihr können die Menschen die Vergebung ihrer Schuld erfahren. Viele meinen, als Christen müssten sie beichten. Doch es gibt kein Muss für die Beichte. Wir dürfen beichten. Die Beichte ist ein konkreter Weg, uns mit uns selbst und miteinander auszusöhnen, immer wieder die Umkehr einzuüben und Gott als den zu erfahren, der uns bedingungslos liebt. Die Beichte ist der Ort, an dem wir erfahren dürfen, dass Gott uns mit seiner vergebenden Liebe nie verlässt, dass Gottes Vergebung all unsere Schuld umgreift, dass wir bedingungslos von Gott angenommen sind. In der Beichte begegnen wir Jesus Christus, der den Sündern ihre Schuld vergeben hat. Und wir begegnen dem Gott Jesu Christi, der uns befreit von unserer Schuld und unseren Schuldgefühlen, der uns seine barmherzige Liebe im Sakrament erfahren lässt.
2. Was für die Beichte spricht!
Darum bekannte ich dir meine Sünde, und meine Schuld verhehlte ich nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde. Ps 32,5
Für die Beichte spricht, dass sie den Gläubigen zu einer gründlichen Auseinandersetzung mit seinem inneren Zustand führt. Der Gläubige ist durch die Beichte genötigt, sich aufrichtig und gewissenhaft zu fragen, wie es um sein Verhältnis zu Gott steht. Er ist gezwungen, über sich nachzudenken und seine Sünden und Fehler vor Gott zu erkennen. Auf diese Weise kommt es zu einem viel klareren Bewusstsein der eigenen Fehler und Sünden. Das Aussprechen der Sünden führt dann aber auch zu einer psychologischen Befreiung: Viele Menschen leiden oft unter der Last ihrer inneren Schuld und sind froh und dankbar, wenn sie ihre Sünden und Fehler, aber auch ihre Ängste und Nöte aussprechen können. Sie spüren sich dann wie von einer großen Last befreit. Klaus Stefan
3. Jesus gibt den Menschen eine neue Chance
Dann verurteile ich dich auch nicht, erklärte Jesus. Geh und sündige nicht mehr. Joh 8,11
Die Heilige Schrift berichtet uns, wie Jesus verschiedenen Menschen begegnet, die in ihrem Leben Fehler begangen haben und dadurch ein unglückliches Leben führen. Jesus gibt diesen Menschen eine neue Chance: Er führt sie aus ihrer inneren Not heraus und befreit sie aus ihrer Sündhaftigkeit. Durch die Versöhnung mit Gott kommt es zu einem Neubeginn und dadurch auch zu einem neuen Glück. Jesus sieht in der Rettung und Hilfe für die Sünder seine eigentliche Aufgabe: Denn ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. (Mt 9,13) Als ihm die Pharisäer den Vorwurf machen, dass er sich ständig mit Sündern abgibt, sagt er: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. (Mt 9,13) Jesus ist von Gott dazu gesandt worden, als „Arzt“ die inneren Krankheiten des Menschen zu heilen. Aus diesem Grund wird er auch der „Heiland“ (= der Heilende) genannt. Klaus Stefan
4. Habe ich überhaupt was zu beachten?
Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. 1 Joh 1,8
Viele sagen, sie hätten nicht viel zu beichten. Vor allem hätten sie nichts, was sie bereuen müssten. Es geht auch nicht darum, nur die Schuld zu beichten. Es ist schon viel, wenn man über sein Leben reflektiert und es zur Sprache bringt. Und sicher gibt es da Bereiche, in denen man nicht so zufrieden ist mit sich selbst. Man kann natürlich oft nicht klar entscheiden, ob das nun Sünde ist oder nur Schwäche, Unachtsamkeit, die täglichen Fehler. Das ist auch nicht so wichtig. Es geht darum, sein Leben zu bedenken und das anzusprechen, was einen zumindest beunruhigt. Wenn jemand etwa einen Konflikt beschreibt, den er mit seinem Vater oder seiner Mutter oder mit einem Chef oder Mitarbeiter hat, dann soll er einfach erzählen, wie es ihm damit geht, welche Gefühle er hat, wie er sich verhält.
5. Die Beichte als Freisprechung
Durch ihn [….] bekommt jeder die Vergebung seiner Sünden – jeder, der an ihn glaubt. Apg 10,43
Die Beseitigung der Schuld erfordert die Vergebung von Seiten Gottes bzw. der betroffenen Mitmenschen. Dabei muss der sündige Mensch zunächst Gott bzw. seine Mitmenschen um Entschuldigung bitten. Die Entschuldigung bzw. die Vergebung selbst ist dann Sache Gottes, der von der Schuld des Menschen betroffen ist: Es liegt an Gott, dem Menschen die Vergebung der Sünden zu gewähren. Das Gleiche gilt auch im Hinblick auf die Schuld gegenüber den Mitmenschen, die nach der Bitte um Entschuldigung die Vergebung der Schuld gewähren. Der Schuldige kann sich also nicht selbst freisprechen, sondern muss von Gott oder seinen Mitmenschen freigesprochen werden. Die Vergebung der Sünden setzt also das Bekenntnis und die Reue des Sünders voraus. Erst nach dem Bekenntnis der Sünden und nach dem Reue-Akt kann der Priester den Gläubigen von seinen Sünden lossprechen.
6. Notwendigkeit der Reue
Gott, sei mir Sünder gnädig! Lk 18,13
Der Ritus der Beichte sieht nach dem Bekenntnis ein kurzes Reuegebet vor z.B.: Ich bereue, dass ich Böses getan und Gutes unterlassen habe. Erbarme dich meiner, o Herr. Mein Jesus Barmherzigkeit. Reue besteht in einem Nein zur vergangenen Tat. Sie meint dabei nicht, dass ich meine Vergangenheit verdränge, sondern dass ich mich ihr stelle und bereit bin, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Weiter entfacht echte Reue die Liebe zu Gott neu. Sie erfüllt uns mit Trauer darüber, eine so unergründliche Güte beleidigt zu haben, während sie eine herzliche Sehnsucht nach wiederhergestellter Gemeinschaft entflammt.
7. Ein „kleiner“ Beichtspiegel
A: Meine Beziehung zu Gott
Bei der Beziehung zu Gott kann man sich fragen: Welche Rolle spielt Gott in meinem Leben? Rechne ich mit ihm? Suche ich ihn? Oder lebe ich an ihm vorbei? Wie beginne ich meinen Tag, wie beschließe ich ihn? Habe ich da Rituale, die mich an Gottes Gegenwart erinnern? Stelle ich mich morgens unter den Segen Gottes? Nehme ich mir Zeit zum Beten, zur Stille, zum Lesen? Ist meine Beziehung zu Gott leer geworden? Wonach sehne ich mich? Benutze ich Gott für mich oder halte ich mich Gott so hin, wie ich bin? Ist Gott wirklich das Ziel meines Lebens und die Quelle, aus der heraus ich lebe? Alle diese Fragen beschäftigen sich nicht zuerst mit der Frage der Schuld, sondern mit der Qualität meiner Beziehung.
B: Meine Beziehung zu mir selbst
Beim Verhältnis zu mir selbst kann ich mich fragen, wie ich mit mir selbst umgehe. Lebe ich selbst oder werde ich gelebt? Bin ich innerlich frei, oder mache ich mich abhängig von Menschen, von Dingen und Gewohnheiten? Wie sind meine Ess-und Trinkgewohnheiten? Gehe ich gut mit meiner Gesundheit um? Tue ich etwas für meine Gesundheit? Wie sind meine Rituale? Gestalte ich meinen Tag oder lebe ich in den Tag hinein? Verurteile ich mich selbst? Werte ich mich selbst ab? Was sind meine Gedanken? Was sind meine Phantasien und Gefühle? Woher kommen sie? Wie gehe ich damit um? Wie gehe ich mit meinem Leib um? Wie gehe ich mit meiner Sexualität um? Hänge ich depressiven Gefühlen nach, bade ich im Selbstmitleid?
C: Meine Beziehung zum Nächsten
Bei der Beziehung zum Nächsten kann man anfangen mit den Beziehungen, die einen besonders belasten. Wie sehe ich den Konflikt von meiner Seite aus? Wie mag es dem anderen dabei ergehen? Was ist die Vorgeschichte des Konflikts? Woran erinnert mich der andere? Warum fällt es mir so schwer, ihn anzunehmen? Wo verletzt er mich? Was ist die empfindliche Stelle in mir? Es geht darum, den Konflikt zu schildern, ohne sich selbst oder den anderen gleich zu be- oder zu entschuldigen. Beim Erzählen kann klar werden, wo mein Anteil an Schuld liegt und was ich an mir verbessern kann. Wenn ich meine Beziehungen zu anderen Menschen reflektiere, kann ich mich fragen, über wen ich oft spreche, wie ich über andere rede, ob ich meine Mitmenschen achte oder verachte, ob ich innerlich ständig über sie urteile und sie verurteile, ob ich mich über sie stelle. Wo habe ich einen anderen verletzt? Gehe ich achtsam mit meinen Mitmenschen um?