Gottes Nähe

1. Wo entdecke und begegne ich Gott?

Und als er hinsah, siehe, da brannte der Dornbusch im Feuer. Ex 3,2

Die Erzählung vom brennenden Dornbusch im Alten Testament macht deutlich, dass Gott sich sogar im unscheinbaren Busch verbergen kann. Im Letzten ist es für uns wohl eine Frage der Wahrnehmung, ob man Gott auch tatsächlich dort entdeckt, wo er sich uns zeigt oder eben auch versteckt. Das heißt: Mit welchem Blick schaue ich auf die Wirklichkeit, die mir begegnet? Sehe ich nur das wirklich Sichtbare, also das, was ich mit meinen Augen objektiv erkennen und mit Worten beschreiben kann? Oder sehe und erkenne ich Gott in Achtsamkeit und Ehrfurcht? Ein gutes Zitat von Elisabeth Barret-Browning drückt das so aus: Die Erde ist mit Himmel vollgepackt, und jeder gewöhnliche Busch brennt mit Gott – aber nur der, der es sieht, zieht die Schuhe aus. Die anderen sitzen herum und pflücken Brombeeren.

2. Gott ist uns nahe

Ihr seid Gott jetzt nahe. Eph 2,13

Damit Kommunikation mit Gott innige Beziehung wird, muss uns bewusst werden, dass Gott jedem Menschen nahe ist. Für viele ist Gott immer noch irgendwo außerhalb ihrer selbst, wenn sie beten. Dadurch laufen sie Gefahr, das Gebet zu einem Ritual zu machen, mit dem sie versuchen, bis zu Gott durchzudringen. Manchmal frage ich etwas provokativ, wie weit sie denn mit ihrem Gebet durchdringen wollen, damit es bei Gott ankommt: durch die erste Betondecke ihres Hauses oder auch durch die zweite, durch die Ozonschicht, unser Sonnensystem oder die Milchstraße? Ich erinnere mich an ein Mädchen, das mir sagte: Wenn ich bete, dann geht mein Gebet nur bis an die Decke! Ich weiß genau, was sie damit meint, und kann ihr sehr gut nachfühlen. Ich konnte sie aber ermutigen, indem ich ihr versicherte, dass Gott unterhalb der Decke wohnt und sie mit ihrem Gebet nicht erst bis ins Weltall durchdringen muss. Gott ist uns in Christus nahegekommen. Er hat versprochen, in uns zu wohnen (Joh. 14,23) und bei uns  zu bleiben bis ans Ende der Welt (Mt. 28,20). Hans Peter Royer

3. Meine Kinder

‭‭Meine Kinder. Joh 13,33

Ich muss immer schmunzeln, wenn ich in Johannes 13,33 lese, dass Jesus seine Jünger als Kinder ansprach. Das waren ausgewachsene Seeleute mit Vollbart, gleich alt oder sogar älter als Jesus selbst. Und doch spricht er sie an als meine Kinder. Wann hat Sie jemand zum letzten Mal mit den Worten gerufen: Mein Kind? Wenn wir zu Gott reden, dann dürfen wir es als seine geliebten Kinder tun, die sicher und geborgen in seiner Gegenwart sind. Das Gebet ist das Wahrzeichen eines wahren Gläubigen und es tut der Seele unheimlich gut. Hans Peter Royer

Gott hört niemals auf, der Vater seiner Kinder zu sein. Antonius von Padua

Gott wird ein Mensch, damit die Menschen Gotteskinder werden können. Edith Stein

4. Das Leben im Wir

Lasst uns hinüberfahren. Mk 4,35

Solange wir als Christen nur im Ich, Mein und Mir denken, werden wir keine Wunder erleben. Denn wir konzentrieren uns nur auf unsere eigenen Möglichkeiten, nicht auf seine. Wir müssen üben, im Wir zu denken, als Team mit Gott zu arbeiten, denn erst dann leben wir in der Wahrheit. Solange ich als Christ im Ich lebe, lebe ich in der Lüge. Erst wenn ich bewusst beginne, im Wir zu leben, lebe ich in der Wahrheit. Wie oft denken, reden und beten wir ungefähr so: Das schaffe ich nicht, ich werde versagen, ich gehe dabei zugrunde! Und nun versuchen wir, dasselbe zu sprechen, jedoch gemeinsam mit dem allmächtigen Gott in uns und in der Wir-Form: Das schaffen wir nicht. Und Gott fragt zurück: Warum denn nicht? Ich bin doch hier. Hans Peter Royer

5. Der Herr ist nahe!

Der Herr ist nahe! Phil 4,5

Nicht hohe theologische Überlegungen bringen uns Gott näher, sondern eine kindliche, demütige Offenheit. Die Glücklichen sind die, die Gott in dieser Weise zum Herrn haben und ihm nahe sind. Danken wir Gott für unser Glück, wir, die er mit ewiger Liebe geliebt und darum in seiner Barmherzigkeit nah an sich gezogen hat. Diese Nähe in Jesus Christus ist und bleibt ungebrochen: Sie erstreckt sich über alle Zeit v.a. durch das Wirken des heiligen Geistes, v.a. auch in der Begegnung mit unserem Mitmenschen. Ja: In unseren Mitmenschen ist uns Gott nahe. Danken wir daher Gott heute bewusst für Menschen in unserem Leben. Durch ihre Hände, ihre Augen und ihre Herzen ist Christus uns nah.

Die Nähe Gottes keine Frage von Raum und Zeit ist, sondern eine Frage der Liebe: die Liebe schafft Nähe! Benedikt XVI

6. Gott wohnt in uns

Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen. Joh 14,23

Gott ist der ganz Inseitige. Er will bei uns wohnen wie ein Geliebter. Die Mystiker sprechen vom Einwohnen Gottes in unserer Seele. Gott will nicht nur Wenigen so nahe sein, sondern allen Menschen. Mit welcher Liebe verlangt doch das göttliche Herz nach unserer Liebe! Wohnen möchte er bei uns, nicht nur zeitweiser Gast beim Morgengebet sein. Das ist Gottes Wille nach innigster Lebensgemeinschaft mit uns. Damit Gott in uns wohnen kann, müssen wir auf ihn hören. Es liegt an uns, ob wir seiner Nähe innewerden und hören oder sie durch Oberflächlichkeit, Hektik, Zerstreuung nicht wahrnehmen und überhören.

Danke, Vater, dass du in meinem Herzen wohnst. Ich brauche deine Gegenwart heute. Hilf mir dabei, dich in Gedanken und Worten zu ehren und den Menschen um mich herum liebevoll zu begegnen.

Martin Buber: Gott wohnt, wo man ihn einlässt.

7. Im Anfang schuf Gott

Im Anfang schuf Gott. Gen 1,1

Im Anfang schuf Gott! Diese Worte können die Art und Weise verändern, wie du über dich selbst, über das Leben, über Gott und alles andere denkst. Denn Gott war bereits da, bevor du warst. Die Erde und alles auf ihr ist ein Ausdruck seines Plans. „Dem Herrn gehört die ganze Welt und alles, was auf ihr lebt.“ (Ps 24,1) Weil nun Gott der Schöpfer aller Dinge ist, gehört auch alles ihm. Gott hat dich erschaffen. Wir haben uns nicht selbst gemacht. Wir sind auch nicht Ergebnis unpersönlicher Kräfte oder dem Universum. Wir gehören also Gott. Das gilt es erst einmal so für sich zu erfassen. Du und ich, wir alle sind sein Eigentum. So wie er nun unsere Nähe sucht, suchen auch wir seine Nähe.

Ach, wie gut ist es doch, die heiligen Worte zu hören, die er zu unseren Herzen spricht, wenn wir uns in die Nähe seines Herzens stellen! Franz von Sales

8. Bibelverse zu Gottes Nähe

Hier sind 10 Bibelverse, die Gottes Nähe ausdrücken und das Wort „nah“ oder „Nähe“ enthalten:

  • Psalm 34,19
    „Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die zerschlagenen Geistes sind.“
  • Psalm 145,18
    „Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn in Wahrheit anrufen.“
  • Jesaja 55,6
    „Sucht den Herrn, während er sich finden lässt; ruft ihn an, während er nahe ist.“
  • Philipper 4,5
    „Eure Milde lasst alle Menschen erfahren! Der Herr ist nahe.“
  • 5. Mose 4,7
    „Denn wo ist ein so großes Volk, zu dem Götter so nahe sind, wie der Herr, unser Gott, so oft wir ihn anrufen?“
  • Jakobus 4,8
    „Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch. Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid!“
  • Klagelieder 3,57
    „Du nahst dich, wenn ich dich anrufe; du sprichst: Fürchte dich nicht!“
  • Psalm 119,151
    „Du bist nahe, Herr, und alle deine Gebote sind Wahrheit.“