Liebe zum Nächsten
Inhaltsverzeichnis
1. Liebe zu den Mitmenschen
Liebe deinen Mitmenschen. Mk 12,31
Wer Gott liebt, liebt auch sein Geschöpf. Sein Hauptgeschöpf aber ist der Mensch. Wer daher Gott liebt, muß alle Menschen lieben. Das Gebot der Nächstenliebe findet sich schon im alten Testament. Dieses Gebot der Nächstenliebe ist nun allerdings in und durch Christus nicht mehr nur ein Gebot, sondern Antwort auf das Geschenk des Geliebtseins durch ihn, mit dem Gott uns entgegengeht. Dazu gehört so vieles: sich Zeit nehmen für einander, kleine Aufmerksamkeiten, schlichten Freundlichkeiten, gern gegebene Hilfen, wissen, was den anderen freut, ahnen und spüren, was ihm weh tut und was ihn traurig macht, Bereitschaft zur Versöhnung, sich um Geduld bemühen, den anderen ertragen u.v.m. Herr Jesus, lehre uns zu lieben wie Du geliebt hast!
Herr Jesus, lehre uns zu lieben wie Du geliebt hast. Dass wir nicht lieben um geliebt zu werden, sondern dass wir immer mehr hineinwachsen in die Liebe, die Du uns zeigst.
2. Gottes- und Nächstenliebe
Wer Gott liebt, der muss auch seinen Bruder und seine Schwester lieben. 1 Joh 4,21
Es ist Gottes Auftrag an uns, die Gottes- und Nächstenliebe in der Einheit als eines einziges Gebot zu sehen und es nach bestem Bemühen umzusetzen. Dazu Benedikt XVI: Wenn ich die Zuwendung zum Nächsten aus meinem Leben ganz weglasse und nur fromm sein möchte, dann verdorrt auch die Gottesbeziehung. Dann ist sie nur noch korrekt, aber ohne Liebe. Nur meine Bereitschaft, auf den Nächsten zuzugehen, ihm Liebe zu erweisen, macht mich auch fühlsam Gott gegenüber. Nur der Dienst am Nächsten öffnet mir die Augen dafür, was Gott für mich tut und wie er mich liebt. Gottes- und Nächstenliebe sind untrennbar: Es ist nur ein Gebot.
In Christus den Nächsten lieben
3. Aus zwei wird ein Gebot (1)
Kein anderes Gebot ist wichtiger als diese beiden. Mk 12,31
Durch dieses Wort macht Jesus aus den im originalen Wortlaut selbständigen zwei Geboten der Gottes- und Nächstenliebe eine Einheit. Er verknüpft und bindet die Liebe zu Gott an die Liebe zum Nächsten. Die Nächstenliebe braucht die Verankerung in Gott. Wenn ich mich Gott ganz zuwende, erfahre ich, dass er für mich da ist. Alles, was ich bin und habe, ist sein Geschenk. Ich erfahre mich von ihm geliebt und angenommen trotz meiner Mängel und Schwächen. Aus diesem Beschenktsein heraus werde ich selber zum Schenkenden. Weil Gott mich so wichtig nimmt, dass er von mir geliebt sein will, nehme ich den nahen und fernen Nächsten wichtig und schenke ihm meine Liebe. Das Standbein der Liebe zu Gott gibt mir den Halt und die Kraft, mich für den Nächsten einzusetzen und tätig zu werden.
Frère Roger: Wenn der Nächste aus unserer Zwiesprache mit Christus verschwindet, dann hat unsere Gottesliebe nicht den Christus des Evangeliums zum Inhalt.
4. Aus zwei wird ein Gebot (2)
Kein anderes Gebot ist wichtiger als diese beiden. Mk 12,31
Aus der Liebe zu Gott geht die zum Nächsten hervor. Den Nächsten mit heiliger Liebe lieben, heißt Gott im Menschen oder den Menschen in Gott lieben. Es heißt, Gott aus Liebe zu ihm selbst und das Geschöpf aus Liebe zu Gott lieben. So wissen wir auch, daß ein und dieselbe heilige Liebe die Gottesliebe wie die Nächstenliebe in sich schließt. Sie hebt unseren Geist hinauf zur Vereinigung mit Gott, um uns dann wieder zum liebreichen Verkehr mit dem Nächsten zurückzuführen, jedoch so, daß wir den Nächsten als Abbild und Gleichnis Gottes lieben. Die Seele des Nächsten ist dabei der Baum des Lebens des irdischen Paradieses. Es ist verboten, sie zu berühren, weil sie Gott gehört und es ihm zusteht, über sie zu urteilen wie über uns. Wenn uns die Anwandlung überkommt, uns über jemand zu ärgern, müssen wir diese Seele sogleich im Herzen Gottes sehen, dann werden wir nicht daran denken, uns über sie zu ärgern, und das ist das rechte Mittel, den Frieden in unserem Herzen und die Nächstenliebe zu wahren. Franz von Sales
5. Gutes tun und Gutes empfangen
Wer anderen Gutes tut, dem geht es selber gut; wer anderen hilft, dem wird geholfen. Spr 11,25
Unser Glaube beruht zwar nicht auf einem technischen Belohnungsprinzip, im Sinne von: Ich tue etwas Gutes und bekomme dafür eine Belohnung von Gott, ich helfe dem Nächsten, dafür hilft mir Gott. Allerdings: Werke der Nächstenliebe sind christlich gesehen immer mit einem wachsenden Glauben verbunden und die darin erkannten Einsichten tun uns gut. Es ist eine untrennbare Einheit. Konkret: ich denke an andere Menschen und erkenne immer tiefer, wie der Herr an mich denkt. Ich nehme mich meines Nächsten an und sehe immer klarer, wie der Herr sich meiner annimmt. Ich sehe im anderen meinen Bruder, meine Schwester und darf erfahren, dass ich selbst ein Kind des Vaters bin. Lebe erkennend in dieser Einheit.
Der Herr denkt an mich und aus diesem Geschenk heraus denke ich sorgsam an die mir Anvertrauten. Der Herr nimmt sich meiner an, so wie ich bin mit allen Schwächen und Nöten und aus diesem Geschenk heraus nehme ich mich ebenso der mir Anvertrauten an. Der Herr hilft mir und aus diesem Geschenk heraus helfe ich dem Nächsten. So ist die Nächstenliebe nicht Gebot von außen her, sondern geschenkte Erfahrung der Liebe von innen her, die ihrem Wesen nach sich weiter mitteilen muß.
6. Christustreue und Nächstenliebe
Wir haben von eurem Glauben an Jesus Christus gehört und davon, wie ihr allen Christen in Liebe verbunden seid. Kol 1,4
Das sind die zwei entscheidenden Seiten des christlichen Lebens: Treue zu Christus und die Liebe zu den Mitmenschen. Beides gehört zusammen. In der Nächstenliebe setzten wir letztlich unseren Glauben an Christus in die Tat um. Es geht darum, unser ganzes Tun, gerade das alltägliche in Beruf und Familie, mit Christus in Verbindung zu bringen, um ihn eben darin zu finden. In dieser Verbindung wird uns Christus nicht fragen, wie viel wir geleistet haben, sondern mit wie viel Liebe wir unsere Taten vollbracht haben.
Der Mensch ist so viel Mensch und so groß Mensch, als er liebt. Alfred Delp
7. Zur Liebe
Liebt einander! Joh 13,34
Der Grund, warum wir Gott lieben, ist Gott selbst. Der Grund, warum wir uns selbst lieben, ist weil wir ein Bild und Gleichnis Gottes sind. Nachdem aber alle Menschen diese gleiche Würde besitzen, lieben wir sie auch wie uns selbst, nämlich als heilige, lebendige Abbilder Gottes. Ein und dieselbe heilige Liebe die Gottesliebe wie die Nächstenliebe sind so eins. Die Liebe hebt unseren Geist hinauf zur Vereinigung mit Gott, um uns dann wieder zum liebreichen Verkehr mit dem Nächsten zurückzuführen, der ja ein Abbild Gottes ist. Den Nächsten mit heiliger Liebe lieben, heißt Gott im Menschen oder den Menschen in Gott lieben. Es heißt, Gott aus Liebe zu ihm selbst und das Geschöpf aus Liebe zu Gott lieben.