Leben im Rhythmus der Liturgie
Inhaltsverzeichnis
1. Worum geht es?
Die Welt soll Liturgie werden. Benedikt XVI
Vorwort: Wenn Benedikt XVI. sagt, die Welt soll Liturgie werden, meint er, dass das menschliche Leben zu einem Ort der Begegnung mit Gott, der Anbetung und der Verherrlichung Gottes werden sollen, so wie es im Zentrum jeder gottesdienstlichen Liturgie geschieht. Alles alltägliche Leben wird so liturgisch, weil es sein Zentrum, seinen Ursprung im Handeln Gottes gefunden hat. Dass die Welt Liturgie werden soll, klingt zunächst sehr abstrakt, aber Benedikt XVI. meint damit keine Flucht aus dem Alltag, sondern eine Durchdringung des Alltags mit dem Geist der Liturgie. Das kann sehr konkret werden. Folgende Aspekte möchte ich diese Woche beleuchten:
1. Das Morgengebet als Eröffnung des Tages, wie ein liturgischer Einzug in den Alltag.
2. Das alltägliche Tun verstehen als Mitwirkung an Gottes Schöpfung und als Begegnungsort für Christus
3. Mahlzeiten mit dankenden Tischgebet in Erinnerung an das Mahl des Herrn, das wir sonntäglich feiern
4. Unterwegs sein in der Welt als Tempel Gottes, denn überall sucht Gott die Begegnung mit uns
5. Abendgebet als eine Vesper des Herzens, bei der man Gott den Tag zurückgibt.
6. Sonntäglicher Gottesdienst als Quelle und Ziel unserer Woche
1. Das Morgengebet
Hier bin ich, sende mich! Jes 6,8
Das Morgengebet als Eröffnung des Tages, wie ein liturgischer Einzug in den Alltag.
Der Tag beginnt mit dem Gebet. Im Gebet tritt der Mensch aus sich selbst heraus und richtet sich auf Gott aus. Der Morgen ist ein bevorzugter Moment dafür, denn er gibt dem ganzen Tag eine geistliche Richtung. Wer am Morgen betet, lässt sich vom Herrn formen und erneuern. Es ist ein Weg, sich Gott zu öffnen, ihm Raum zu geben. Wer den Tag mit dem Gebet beginnt, nimmt Gott in sein Leben auf, in seinen Alltag. Das Morgengebet ist wie das Anzünden eines Lichtes, das den Tag erhellt und unsere Schritte leitet. Der Tag bekommt eine andere Tiefe, wenn wir ihn im Gespräch mit dem Herrn beginnen. Im Gebet wird der Mensch fähig, Gott zu hören und sich seinem Willen anzuvertrauen. Benedikt XVI
Beginnt also eure Tage mit dem Gebet! Sagt dem Herrn: Hier bin ich, sende mich! (Jes 6,8). Das ist kein Zeitverlust, sondern der größte Gewinn: Gott den ersten Platz geben.
Geste: Kreuzzeichen beim Aufstehen
2. Das alltägliche Tun
Alles soll zur Ehre Gottes geschehen. 1 Kor 10,31
Das alltägliche Tun verstehen als Mitwirkung an Gottes Schöpfung und als Begegnungsort für Christus
Der Alltag ist der Ort, an dem sich das Leben verwirklicht. In den kleinen Dingen des Alltags, in der Treue zur eigenen Pflicht, in der Geduld des täglichen Lebens zeigt sich wahre Heiligkeit. Arbeit ist nicht nur eine Notwendigkeit, sondern Teil des Schöpfungsplans Gottes. Indem wir unsere Arbeit mit Liebe tun, wirken wir mit an der Verwandlung der Welt und öffnen sie für Gott. Auch die einfachsten Tätigkeiten, wenn sie aus Liebe und im Geist des Glaubens verrichtet werden, sind von unendlichem Wert. Lernen wir, jeden Tag als eine Gelegenheit zu sehen, Christus zu begegnen – in der Pflicht, im Einsatz, im Dienst an den anderen. Benedikt XVI
Gott ist nicht fern vom Alltag des Menschen, sondern er ist in ihm gegenwärtig. Gerade alltägliche Aufgaben können ein inneres Gebet sein, wenn man sie in Liebe und Hingabe tut.
3. Mahlzeiten
Du tust deine Hand auf und sättigst alles, was lebt, mit Wohlgefallen. Ps 145,16
Mahlzeiten mit dankenden Tischgebet in Erinnerung an das Mahl des Herrn, das wir sonntäglich feiern
Das Tischgebet ist ein Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer. Indem wir vor dem Essen beten, erkennen wir an, dass alles Gute von Gott kommt. Die Geste des Gebets vor dem Essen ist eine Schule der Innerlichkeit, ein Zeichen dafür, dass der Mensch mehr ist als nur Materie. In der Einfachheit eines Gebetes vor dem Mahl bringt sich eine Kultur der Dankbarkeit und des Maßes zum Ausdruck. Der Mensch lernt, nicht nur zu nehmen, sondern zu empfangen. Wenn wir den Tisch mit einem Gebet beginnen, setzen wir ein Zeichen: Gott ist in unserer Mitte. Gerade das Tischgebet erinnert uns daran, dass Nahrung nicht nur Nahrungsaufnahme ist, sondern auch Gemeinschaft, Beziehung und Segen. Es ist ein Moment, in dem wir das Herz erheben, selbst im Alltag. Benedikt XVI
Komm, Herr Jesus, sei unser Gast und segne, was du uns gegeben hast.
4. Unterwegs sein in der Welt
In seinem Tempel ruft alles: Ehre! Ps 29,9
Unterwegs sein in der Welt als Tempel Gottes, denn überall sucht Gott die Begegnung mit uns
Der wahre Tempel der Welt ist der lebendige Mensch, geschaffen nach dem Bild Gottes. Zugleich ist die gesamte Schöpfung ein großer Tempel, der hinweist auf die Herrlichkeit des Herrn. Die Erde ist nicht nur unsere Heimat, sondern sie ist ein heiliger Ort, weil Gott sie mit seiner Gegenwart erfüllt hat. Wenn wir die Welt mit reinen Augen betrachten, erkennen wir Spuren Gottes überall. Gott hat die Welt erschaffen als Ort der Begegnung zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen. Die Schöpfung ist nicht bloß Materie – sie ist ein Buch, das vom Schöpfer geschrieben wurde. Benedikt XVI
Gott ist gegenwärtig – auch auf der Straße, im Gespräch, in der Natur.
5. Abendgebet
Lass wie Weihrauch mein Gebet vor dir sein, meine erhobenen Hände wie ein Opfer zur Nacht. Ps 141,2
Abendgebet als eine Vesper des Herzens, bei der man Gott den Tag zurückgibt.
Am Abend, wenn die Dunkelheit hereinbricht und die Stille uns umgibt, wird das Gebet zu einem Licht, das den Tag vor Gott trägt. Der Mensch braucht Zeiten der inneren Sammlung, besonders am Ende des Tages, um im Gespräch mit Gott zur Ruhe zu kommen. Das Gebet am Abend hilft uns, unseren Tag im Licht Christi zu lesen. Wir öffnen uns für Seine Liebe, wir danken für das Gute, bitten um Vergebung für das Versäumte und empfehlen uns Seiner Barmherzigkeit an. Das Abendgebet ist ein Akt des Vertrauens. Es ist wie das Aufschließen der Tür unseres Inneren für den Herrn, der in der Nacht bei uns wacht. Benedikt XVI
Gebet: Herr, nimm diesen Tag, wie ich ihn gelebt habe. Danke für das Gute. Vergib, was ich verfehlt habe. Bleibe bei mir in der Nacht.
6. Sonntäglicher Gottesdienst
Am letzten Abend, einem Sonntag, kamen wir zum Mahl des Herrn zusammen. Apg 20,7
Sonntäglicher Gottesdienst als Quelle und Ziel unserer Woche
Ohne den Sonntag können wir nicht leben. Diese Worte der frühen Christen erinnern uns daran, dass der Sonntag nicht bloß ein freier Tag ist, sondern der Tag des Herrn, der Tag der Begegnung mit Gott. In der Eucharistie feiern wir nicht irgendeine Begegnung, sondern das Pascha Jesu, sein Geheimnis von Tod und Auferstehung. In ihr kommt Christus zu uns, um uns zu sich zu ziehen. Wer die Eucharistie auslässt, lässt die Quelle aus, aus der das christliche Leben schöpft. Benedikt XVI