Psalm (Ps) 73: Auslegung und Kommentar
Auslegung und Kommentar zum Psalm (Ps) 73: Gott nahe sein
Ps 73,1: Nur gut ist Gott gegen Israel, gegen die, welche reinen Herzens sind.
Hilf mir, o Gott, dass ich, in wie große Unruhe und Verwirrung ich auch geraten mag, doch von Dir nie schlecht denke! Auch wenn ich dich nicht verstehen kann, lass doch meinen Glauben an dich nicht aufhören. Du bist gut gegen die, welche du in deiner Gnade gut gemacht hast, und wirst das Herz, das du erneuert hast, nicht fallen lassen. Ein reines Herz ist ein Herz, das Gott allein begehrt, es hängt ungeteilt an ihm. Darauf kommt es mehr an als auf alles andere, dass wir uns ein Herz erhalten, dem Gott allein genügt.
Ps 73,2: Fast wäre ich gestrauchelt mit meinen Füßen, wie leicht hätte ich einen Fehltritt getan!
Wie dankbar müssen wir ihm sein, dass er uns in seiner Gnade festhält und dafür sorgt, dass unser Fuß im Seelenkampf nicht gleitet und wir der Welt anhängen. Welchen Schein diese Dinge auch in den Augen der Welt haben mögen, so sind sie doch nur wie ein mit schönen Blumen bedeckter ekelhafter Dunghaufen, sind in Gottes Augen so hässlich und widrig, wie es nur sein kann. Und wie schnell ist die Schönheit alles Irdischen dahin!
Ps 73,6-7: Darum ist Hochmut ihr Halsschmuck. […] Sie bilden sich sehr viel ein.
Ps 73,8;15: Hochfahrend reden sie. […] Wenn ich gesagt hätte: Ich will ebenso reden! Siehe, so hätte ich treulos gehandelt.
Es ist nicht immer klug, dem Ausdruck zu geben, was man denkt. Wenn unsere törichte Gedanken in uns verschlossen bleiben, schaden sie wenigstens nur uns selber. Sind sie aber einmal ausgesprochen, so kann das Unheil groß sein, das sie anrichten. Wo wir irgendwie Verdacht schöpfen, wir könnten Unrecht haben, ist es besser, still zu sein. In solchen Dingen den Mund zu halten kann nicht schaden. Dagegen kann es das größte Unheil anrichten, wenn wir in Hast und Unruhe gefasste Meinungen ausbreiten.
Ps 73,16-17: So sann ich denn nach, um dies zu verstehen. Aber es war vergebliche Mühe in meinen Augen bis ich in das Heiligtum Gottes ging und auf ihr Ende achtgab.
Er trat aus dem Kreis des sinnlich Wahrnehmbaren ein in das Gebiet des Unsichtbaren. Was er nicht weiß, weiß sein Gott. Er muss gar nicht wissen. Er muss aber vertrauen. Das Licht, das er nicht hat, ist bei Gott. In dessen Haus sieht er wieder klar, denn dort offenbart sich ihm Gott. Bei Gott wohnt das Licht und erst in seinem Licht sehen wir das Licht. Es ist immer so: Wir denken erst dann recht, wenn wir von Gott her und auf Gott zu denken. Alles, was uns befällt, müssen wir zu Gott in Beziehung setzen. Das kann man auch Glauben nennen, praktischen, lebendigen Glauben.
Ps 73,21-22: Als mein Herz verbittert war und ich in meinen Nieren das Stechen fühlte, da war ich töricht und verstand nichts; ich verhielt mich wie ein Vieh gegen dich.
Das Herz können wir auch umschreiben als den Sitz des Willens, die Nieren als den Sitz des Verstandes. Solange unser Wille sich gegen Gottes Willen aufbäumt, wird unser Inneres erbittert. Die Bitterkeit weicht erst, wenn unser Wille sich Gottes Willen beugt. Empört sich aber unser Wille, sticht es uns auch im Verstand: Dann scheint uns alles, was Gott wirkt und fügt, widersinnig und an stößig. Ein Trost: Das ist große Gnade, dass Gott die Seinen nicht fallen lässt, dass sie immer sein Eigentum bleiben und auch dann bei ihm sind und bei ihm bleiben dürfen, wenn sie töricht gedacht haben.
Ps 73,23: Dennoch bleibe ich stets bei dir. Du hältst mich bei meiner rechten Hand.
Ps 73,23-24: Jetzt aber bleibe ich immer bei dir, und du hältst mich bei der Hand. Du führst mich nach deinem Plan und nimmst mich am Ende in Ehren auf.
Nicht immer sehen wir seine Eingebungen deutlich und direkt, aber definitiv spüren und sehen wir die Folgen. Es ist wie mit der Sonne, die wir auch nicht sehen können, wenn die Erde von Nebel bedeckt ist. Wir bemerken nur eine größere Helligkeit, sehen sie sozusagen, ohne sie zu sehen und spüren ihre Wärme und Wirkung. Wenn eine Seele die unzähligen Gnaden und Hilfen schaut, mit denen ihr Gott in der Zeit ihrer Pilgerschaft zur Seite steht, mit welcher Innigkeit küßt diese Seele dann Gottes gütige Hand, die sie auf ihrem Weg lenkt, stützt und trägt. Diese Seele bekennt, daß sie von ihrem göttlichen Heiland all ihre Seligkeit empfangen hat.
Ps 73,24: Du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich danach in Herrlichkeit auf!
Ich habe es aufgegeben, mir meinen Weg selbst zu wählen. Ich gebe überhaupt jedes Grübeln über Gottes Wege auf und lege meine Hand in die meines himmlischen Vaters mit dem Wunsch, von ihm geleitet zu werden. Bei Ihm ist Rat und wenn wir uns von ihm leiten lassen, werden wir gewiss recht geführt. Was Gott beschließt und was er zuteilt, ist gut, und wie er mich führt, ist richtig, auch wenn ich in dieser Welt gering und zuweilen geplagt bin. Besser kann es uns nie gehen, als wenn er uns leitet.
Ps 73,25: Wen habe ich im Himmel außer dir? Und neben dir begehre ich nichts auf Erden!
Nichts ist begehrenswert außer Gott. Gott ist besser als alles auf Erden. Fürwahr, mein Erlöser, wenn ich sollte im Himmel sein und fände dich im Himmel nicht, so würde ich den Himmel für keinen Himmel achten. Drum, mein Herr Jesu, wenn ich dich mit Tränen, mit Seufzen, mit Flehen, mit Händeaufheben, mit Verlangen, Harren und Hoffen suche, so verbirg dich nicht, sondern lass mich dich finden. Denn, Herr, wenn ich nur dich habe. Weil du dort bist, ist mir der Himmel wirklich der Himmel. Dich haben, heißt alles haben. Darum wollen wir in den Himmel, weil du Jesus dort ist.
Was für eine tiefe Sehnsucht spricht aus diesen Worten: Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde! Ja, wenn ich verliebt bin und mir alles Andere um mich herum völlig bedeutungslos wird, dann kann ich dieses Gefühl nachempfinden. Verliebt sein, das zeigt doch, dass ich der Geliebten, dem Geliebten immer und sehr nahe sein will. Nichts geht mehr ohne sie oder ihn. Die Welt um die Verliebten herum wird klein und unbedeutend. Und welche große Anstrengungen nehmen Verliebte oft auf sich um sich gegenseitig nur kurz sehen zu können. Jedes Hindernis wird dann aus dem Weg geräumt. Sehnsuchtsvolle Gedanken beherrschen die Verliebten, die es kaum erwarten können sich wieder in den Armen zu halten.
Der Psalmdichter kennt wohl dieses Gefühl. Für ihn ist es hier die Sehnsucht nach Gott. Er würde wohl vieles auf sich nehmen um in Gottes Nähe zu bleiben. So verliebt in Jesus sollen wir sein, dass uns alles Andere völlig bedeutungslos wird. Wenn wir alles von Gott erwarten und uns nach seiner Liebe sehnen, dann werden uns auch andere, schwierige Lebensumstände nicht so leicht aus der Bahn werfen. Denn wie können wir in diesem Psalmvers weiter lesen: Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil. Ja, gerade weil manche Verliebtheit unter Menschen mit der Zeit nachlässt und verblasst, ist diese Liebesbeziehung zu Jesus so bedeutend. Jesus liebt uns – diese Liebe bleibt allezeit bestehen. Ich wünsche uns, dass wir heute diese Liebesbeziehung mit Jesus wieder neu erfahren und erleben dürfen. Rolf Aichelberger
Ps 73,26: Wenn mir auch Leib und Seele vergehen, so bleibt doch Gott ewiglich meines Herzens Fels und mein Teil.
Ps 73,28: Mir aber ist die Nähe Gottes köstlich. Ich habe Gott, den Herrn, zu meiner Zuflucht gemacht, um alle deine Werke zu verkünden.
Je näher wir uns an Gott halten, desto weniger werden wir von den Reizen und Leiden der Erde angefochten. Der Zugang zu dem Allerheiligsten ist ein bewährtes Heilmittel für zahlreiche Übel. Die Nähe Gottes ist für alle gut und kostbar. Sie ist es auch für mich ganz persönlich. Es ist unter allen Umständen gut für mich und wird es stets sein, dem größten Gut, dem Urquell alles Guten, Gott selbst, zu nahen.
Ps 73,28: Gott nahe zu sein ist mein Glück.
Lassen Sie Ihren Verstand einfach werden, stellen Sie nicht soviel Überlegungen und Widerreden an, sondern gehen Sie Ihren Weg einfach und voll Vertrauen. Es gibt für Sie in dieser Welt nur Gott und Sie. Alles andere soll Sie nur in dem Maße berühren, als und wie Gott es Ihnen befiehlt. Ich bitte Sie, schauen Sie nicht soviel da- und dorthin, richten Sie Ihren Blick gesammelt auf Gott und auf sich. Zerpflücken Sie daher nicht, was die anderen tun, noch was aus ihnen wird, sondern schauen Sie auf die anderen mit guten, liebevollen und gütigen Augen. Erwarten Sie von ihnen nicht mehr Vollkommenheit als von sich selbst und seien Sie nicht erstaunt über die Vielzahl der Unvollkommenheiten. Franz von Sales
Nähe bedeutet sich vertraut sein, sich kennen, geborgen sein, sich sicher fühlen. Wenn ich jemanden nahe stehe fühle ich mich demjenigen verbunden, ich kenne ihn. Jeder Mensch braucht Nähe, jedes Kind, das geboren wird, sucht die Nähe und Geborgenheit seiner Mutter, die Nähe der Familie, später in Beziehungen und Freundschaften. Es ist schön jemanden zu haben, dem wir vertrauen können, bei dem ich mich sicher und verbunden fühle, dem ich alles sagen kann. Es ist ein Geschenk, solche Menschen in meinem Leben zu haben. Ulrike Puintner
Wie entsteht Nähe in Beziehungen? Nähe entsteht dadurch, dass ich mein Herz für den anderen öffne, die Nähe suche, mich für den anderen interressiere, ich Zeit mit ihm verbringe. Geschieht dies nicht entsteht eine immer größere Distanz und die Nähe geht verloren. Menschen, die sich nahe stehen, beeinflußen sich auch gegenseitig, sie lernen voneinander und tauschen sich aus. Ulrike Puintner
Wie nahe ist Gott? Ich glaube, dass Gott schon von Beginn des Lebens an unsere Nähe sucht, Gott will uns nahe sein. Er hat uns zuerst geliebt. Seine Nähe zu ihm hängt also nicht von ihm ab. Er ist immer da, war immer da und wird immer da sein. Gott ist mir so nahe, wie ich es zulasse. Je mehr ich mein Herz für ihn öffne, umso mehr wird er in mir wohnen und mich erfüllen, je mehr ich seine Nähe suche, umso mehr wird er sich finden lassen, je mehr Zeit ich mit ihm verbringe in Gebet, Lobpreis, Bibellesen, umso mehr wird er in meinem Leben wirken und meine Gedanken beeinflussen. Er spielt in meinem Leben die Rolle, die ich ihm gebe. Ulrike Puintner
Das war eine Auslegung und ein Kommentar zum Psalm (Ps) 73