Matthäus Evangelium Mt Kapitel 11: Auslegung und Kommentar
Auslegung und Kommentar zum Matthäus Evangelium Mt Kapitel 11
Zum Evangelium nach Matthäus Kapitel 11: Im 11. Kapitel des Matthäusevangeliums geht es um die Reaktion von Jesus auf die Zweifel und Kritik der Pharisäer und Schriftgelehrten an seiner Lehre und seinen Taten. Jesus spricht von seiner engen Beziehung zum Vater und seiner göttlichen Autorität. Er tadelt die Heuchelei und Verstocktheit seiner Gegner und fordert die Menschen auf, seine Botschaft anzunehmen und von ihm zu lernen.
Mt 11,1-19: Zweifel des Täufers
Auslegung und Kommentar zu Mt 11,1-19
Parallelstellen: Lk 7,18-35
Mt 11,1: Und es geschah, als Jesus die Befehle an seine zwölf Jünger vollendet hatte, zog er von dort weg, um in ihren Städten zu lehren und zu verkündigen.
Jesus geht voran: Als der Herr seine Jünger zum Predigen aussenden wollte und sie darum unterrichtet hatte, vollbrachte er selbst das in der Tat, was er mit Worten gelehrt hatte. Goldene Perle
Mt 11,2: Als aber Johannes im Gefängnis von den Werken des Christus hörte, sandte er zwei seiner Jünger
Mt 11,3: und ließ ihm sagen: Bist du derjenige, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?
Zweifel von Johannes des Täufers: Johannes der Täufer schickt zwei seiner Jünger zu Jesus mit der Frage, ob er der Messias ist oder nicht. Hat er nicht kurze Zeit zuvor Jesus im Jordan getauft? Hat er nicht gesehen, wie sich der Himmel geöffnet hat und der Heilige Geist wie eine Taube auf Jesus herabgestiegen ist? Hat er nicht die Stimme vom Himmel gehört, die sprach: Das ist mein geliebter Sohn? Hat er nicht selbst gesagt, Jesus sei das Lamm Gottes, und sogar bezeugt, dass er der Sohn Gottes ist? Und trotz allem diese Frage. Es gibt zumindest zwei denkbare Erklärungen dafür. Die eine ist, dass solche Glaubenszweifel selbst nach deutlichen Erfahrungen tatsächlich möglich sind. Auch eine heilige Therese von Lisieux hat am Ende ihres Lebens, als sie längst auf mystischen Höhen des inneren Lebens angekommen war, noch starke Zweifel. Bertalan Egervári
Gott selbst gibt Glauben: Der Grund für solche Glaubenszweifel liegt in der Natur des Glaubens: Er ist ein reines Geschenk Gottes. Wenn Gott den Glauben gibt, dann können wir ihn üben und nach ihm leben. Gibt er ihn aber noch nicht, dann können wir uns nur darum bemühen und darum bitten. Allerdings will Gott den Glauben geben! Wie sollen wir uns im Falle eines Zweifels aber verhalten? Nun, wir sollten jeden Glaubenszweifel zuerst dem vortragen, der ihn lösen kann: Jesus, und den Zweifel so im Gebet entgegentreten. Wir sollten es also dem Täufer gleichtun und Jesus oder jemandem, der Jesus dient, unsere Frage vortragen und so Hilfe empfangen. Und wir können den Katechismus lesen oder über unsere Frage sprechen. Jedenfalls gibt uns der Glaube, den Gott schenkt, eine Art innere „Gewissheit“. Der Glaubenszweifel dagegen ist eine Versuchung, die diese Gewissheit erschüttert. Suchen wir immer wie der Täufer, diese Gewissheit zurückzuerhalten. Bertalan Egervári
Möglichkeit zwei: Es ist möglich, dass Johannes diese Frage nicht um seiner selbst willen gestellt hat, sondern um seiner Jünger willen – er wollte, dass sie zu Jesus gehen und die Frage für sich selbst stellen, wodurch sie ihre Aufmerksamkeit auf Jesus richten.
Mt 11,4: Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und berichtet dem Johannes, was ihr hört und seht:
Mt 11,5: Blinde werden sehend und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote werden auferweckt, und Armen wird das Evangelium verkündigt.
Geht in und berichtet: In der Wallfahrtskirche St. Salvator in Bettbrunn bei Kösching steht über dem Altarraum die Inschrift „Gehet und berichtet, was ihr hört und seht“ aus Mt 11,4. Mit Jesus verbunden sein, seine Worte aufnehmen und weitersagen. – Dadurch wird Gott unser Vater verherrlicht. Richard Birnkammer
Mt 11,6: Glückselig ist, wer nicht Anstoß nimmt an mir!
Mt 11,7: Als aber diese unterwegs waren, fing Jesus an, zu der Volksmenge über Johannes zu reden: Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen zu sehen? Ein Rohr, das vom Wind bewegt wird?
Mt 11,8: Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Menschen, mit weichen Kleidern bekleidet? Siehe, die, welche weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige!
Vorbild des Johannes des Täufers: Weder eine gut ausgestattete Garderobe noch reichhaltiges Essen gehörten zum Leben des Täufers. Er wohnte in der Wüste und besaß so gut wie nichts. Und doch besaß er mehr als alle anderen. Die Menschen spürten das und kamen in Scharen zu ihm. Er fand zum Leben, indem er auf das Nötige zum Leben verzichtete. Das wahre Leben, das von Gott kommt und Gott ist, erschließt sich uns besonders in der Bedürftigkeit und Schwäche. Wie sollen wir erkennen, dass wir völlig auf Gott angewiesen sind, wie bemerken, dass unsere Seele ihn braucht wie die Luft zum Atmen? Wer materiell im Überfluss lebt, ist dadurch oft wie betäubt und erkennt nicht den großen Mangel seiner Seele. Materielle Bedürftigkeit hilft uns, den Blick auch auf die seelischen Nöte zu richten. Jesus sagt ja: Selig, die arm sind vor Gott. Bertalan Egervári
Mt 11,9: Oder was seid ihr hinausgegangen zu sehen? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: einen, der mehr ist als ein Prophet!
Mt 11,10: Denn dieser ist’s, von dem geschrieben steht: Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.
Der Bote Johannes der Täufer: Ein Prophet wird von Gott erwählt, um das Volk zur Bekehrung zu rufen. Es sollte zum Leben der Gebote zurückkehren, gemäß dem Bund, den es mit Gott geschlossen hat. Aber ohne es zu wissen, haben die Propheten noch mehr getan: Sie haben auf Jesus hingewiesen. Die fünf Bücher des Mose schreiben über Jesus, ja sogar die gesamte Heilige Schrift. Es ist interessant, das Alte Testament zu lesen und darin Hinweise auf Jesus zu suchen. Johannes hatte die besondere Berufung, noch mehr zu tun, als nur aus der Ferne auf Jesus hinzuweisen. Er durfte direkt auf ihn weisen und ihm den Weg bereiten. Die Befolgung seiner Botschaft der Umkehr macht uns Menschen bereit für eine echte, innerliche Begegnung mit dem Erlöser. Bertalan Egervári
Jesus braucht auch uns als Boten: Unser Leben erfahren wir dann als lebenswert, wenn wir eine sinnvolle Aufgabe haben, wenn wir wissen wozu wir da sind, wozu unser Leben gut ist. Eine christliche Aufgabe ist es, Bote und Wegbereiter Jesu zu sein in unserer Zeit zu sein. Christ sein ist keine Fertigkeit, die biologisch weitergegeben wird. Jede Generation muss neu dafür gewonnen werden. Jesus braucht daher Wegbereiter und Boten, er braucht dich! Peter Hahne sagt: Die Welt braucht keine Angstmacher, sondern Hoffnungsboten.
Mt 11,11: Wahrlich, ich sage euch: Unter denen, die von Frauen geboren sind, ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer; doch der Kleinste im Reich der Himmel ist größer als er.
Mt 11,12: Aber von den Tagen Johannes des Täufers an bis jetzt leidet das Reich der Himmel Gewalt, und die, welche Gewalt anwenden, reißen es an sich.
Mt 11,13: Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis hin zu Johannes.
Mt 11,14: Und wenn ihr es annehmen wollt: Er ist der Elia, der kommen soll.
Mt 11,15: Wer Ohren hat, der höre.
Gefahr der inneren Taubheit: Wir alle haben Ohren, aber oft können wir nicht hören. Warum? Brüder und Schwestern, es gibt in der Tat eine innere Taubheit, wo wir Jesus bitten können, sie zu berühren und zu heilen. Und diese innere Taubheit ist schlimmer als die körperliche, denn es ist die Taubheit des Herzens. Von Eile getrieben, in der wir tausend Dinge zu sagen und zu tun haben, finden wir keine Zeit, innezuhalten und denen zuzuhören, die zu uns sprechen. Wir laufen Gefahr, für alles undurchlässig zu werden und keinen Raum für diejenigen zu schaffen, die es nötig haben, dass man ihnen zuhört: Ich denke dabei an Kinder, Jugendliche, ältere Menschen, viele, die nicht so sehr Worte und Predigten brauchen, sondern dass man ihnen zuhört. Papst Franziskus
Mt 11,16: Wem soll ich aber dieses Geschlecht vergleichen? Es ist Kindern gleich, die an den Marktplätzen sitzen und ihren Freunden zurufen.
Mt 11,17: Wir haben euch aufgespielt, und ihr habt nicht getanzt; wir haben euch Klagelieder gesungen, und ihr habt nicht geweint!
Hang zur ständigen Kritik: Die Idee ist, dass diejenigen, die ein Herz zum Kritisieren haben, etwas zum Kritisieren finden werden. Viele Menschen wären weder mit Johannes noch mit Jesus zufrieden. Unter den Kindern versteht man die Propheten, welche in der Einfalt des Sinnes wie die Kinder verkündeten und mitten in der Synagoge wie vor dem Volk auf dem Markte es rügen, dass es seine Stimmung nicht nach ihrem Vorspiel einrichtete und ihren Worten nicht gehorchte. Goldene Perle
Mt 11,18: Denn Johannes ist gekommen, der aß nicht und trank nicht; da sagen sie: Er hat einen Dämon!
Mt 11,19: Der Sohn des Menschen ist gekommen, der isst und trinkt; da sagen sie: Wie ist der Mensch ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder! Und doch ist die Weisheit gerechtfertigt worden von ihren Kindern.
Mt 11,20-24: Wehrufe über galiläische Städte
Auslegung und Kommentar zu Mt 11,20-24
Mt 11,20: Da fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Wundertaten geschehen waren, weil sie nicht Buße getan hatten:
Mt 11,21: Wehe dir, Chorazin! Wehe dir, Bethsaida! Denn wenn in Tyrus und Zidon die Wundertaten geschehen wären, die bei euch geschehen sind, so hätten sie längst in Sack und Asche Buße getan.
Mt 11,22: Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Zidon erträglicher gehen am Tag des Gerichts als euch!
Mt 11,23: Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, du wirst bis zum Totenreich hinabgeworfen werden! Denn wenn in Sodom die Wundertaten geschehen wären, die bei dir geschehen sind, es würde noch heutzutage stehen.
Mt 11,24: Doch ich sage euch: Es wird dem Land Sodom erträglicher gehen am Tag des Gerichts als dir!
Wehrufe: Nur bei Matthäus steht die Begründung für die Wehrufe über die galiläischen Städte: dort hatte er die meisten Wunder gewirkt, und trotzdem haben sie nicht geglaubt. Aber konnten sie denn glauben. waren die Wunder so eindeutig? Damals wie heute lässt sich jedes Wunder wegerklären, und nicht die Leichtgläubigen sind es, die durch die Wunder zum Glauben kommen. In den Wundern die Zeichen der angebrochenen Gottesherrschaft erkennen kann nur, wer bereit ist, auf Gottes Anrede zu antworten.
Umkehr, Umkehr und wieder Umkehr! Jesus macht uns in diesem Evangelium eine Sache ganz klar: Ohne Umkehr und Buße können wir im geistlichen Leben nicht den ersten Schritt beginnen, nicht wachsen und nicht bestehen. Im Buch der Sprüche heißt es: Denn siebenmal fällt der Gerechte und steht wieder auf, doch die Frevler stürzen ins Unglück (Spr 24,16). Den Gerechten, also den Heiligen, zeichnet nicht aus, dass er nicht sündigt und keine Fehler begeht, sondern dass er sich immer wieder erhebt und neu auf sein Ziel ausrichtet. Alle Menschen sündigen. Das lässt sich nicht vermeiden. Doch Umkehren und das Herz durch Buße reinigen, darin besteht der Schlüssel zu einem Herzen, das Gott wohlgefällt. Peter Hemm
Gerechtigkeit und Gericht. Oft versuchen wir, Erlebnisse und Erfahrungen, die uns innerlich bedrücken, zu verdrängen und zu vergessen. Das Jüngste Gericht, die realistische Möglichkeit, dass man am Ende seines Lebens in die Hölle gelangt, und die Endgültigkeit unserer Entscheidung für oder gegen Gott sind Wahrheiten, die erschrecken können. Doch bleiben sie trotz dieses subjektiven Schrecks dennoch objektiv wahr. Wie selten hören wir etwas über diese Grundwahrheiten! Lebe ich jetzt so, dass ich auf einen barmherzigen Richter hoffen kann? Lasse ich meinen Lebensstil von Jesus hinterfragen? Welche Rolle spielt für mein jetziges Leben das zukünftige Gericht? Peter Hemm
Wie schlimm ist es ohne Gott! Jesus spricht Klartext. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir entscheiden uns für Gott oder gegen ihn. Es gibt keine Alternative! Er verheimlicht uns das nicht. Er legt von vornherein die Karten offen auf den Tisch. Wie hart erscheinen uns deswegen seine Worte! Er droht nicht nur einigen Personen oder einer Stadt, sondern gleich mehreren Städten, dass sie in die Hölle hinabgeworfen werden. Wie traurig ist ein Leben ohne Gott! Und wie furchtbar die Konsequenz eines solchen Lebens für die Ewigkeit! Wie oft lehne ich Gott ab? Höre ich auf seine leisen Eingebungen im Alltag? Lebe ich manchmal ohne ihn? Peter Hemm
Mt 11,25-30: Das leichte Joch Jesu
Auslegung und Kommentar zu Mt 11,25-30
Mt 11,25: Zu jener Zeit begann Jesus und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart hast!
Jesus spricht mit dem Vater: Wenn man den Zusammenhang sieht, so ist hier nirgends die Rede davon, dass Ihn jemand etwas gefragt, oder dass Er mit irgendeinem Menschen ein Gespräch geführt hätte. Dennoch heißt es: „Zu der Zeit antwortete Jesus und sprach: Ich preise dich, Vater“. Wenn ein Mensch antwortet, so antwortet er einer Person, die mit ihm gesprochen hat. Wer hatte also mit Christus gesprochen? Sein Vater! Und doch wird an dieser Stelle hiervon nichts erwähnt. Nun, das soll uns zeigen, dass der Herr Jesus in beständiger Gemeinschaft mit Seinem Vater lebte und dass Gott so oft, so unaufhörlich in Seinem Herzen mit Ihm redete, dass dieser Umstand keiner besonderen Erwähnung bedurfte. Es war des Herrn Jesu Gewohnheit und Leben, mit Seinem Vater zu reden. Und wie dies mit dem Herrn Jesus auf der Erde der Fall war, so sollte es auch mit uns der Fall sein; und darum wollen wir uns die wichtige Lehre aneignen, die sich aus dem angeführten Beispiel aus dem Leben Jesu für uns ergibt. Möchten auch wir diesen stillen Herzensumgang mit dem Vater pflegen und Ihm oft antworten! Welch ein Vorrecht ist doch die innige Gemeinschaft unserer Seelen mit dem Vater! Es ist ein Geheimnis, das der Welt verborgen ist und eine Freude, von welcher selbst der nächste unserer Freunde nichts weiß. Spurgeon
Jesus preist den Vater. Zuerst preist Jesus den Vater, weil er die Geheimnisse seines Reiches, seiner Wahrheit, vor den Weisen und Klugen verborgen hat. So nennt er sie mit leichter Ironie, denn sie gehen davon aus, klug zu sein, weise, und deshalb ist ihr Herz oft verschlossen. Die wahre Weisheit kommt auch aus dem Herzen, sie besteht nicht nur darin, Ideen zu verstehen: die wahre Weisheit dringt auch bis ins Herz vor. Und wenn du viele Dinge weißt, aber dein Herz verschlossen ist, dann bist du nicht weise. Jesus sagt, dass die Geheimnisse seines Vaters den Unmündigen offenbart werden, denen, die sich vertrauensvoll gegenüber seinem Wort des Heils öffnen, die ihre Herzen für das Wort des Heils öffnen, die spüren, dass sie seiner bedürfen und alles von ihm erwarten.
Mt 11,26: Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir.
Mt 11,27: Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden, und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater; und niemand erkennt den Vater als nur der Sohn und der, welchem der Sohn es offenbaren will.
Vater und Sohn sind eins: Dadurch, dass er allein den Vater kennt, gibt er zu verstehen, dass er gleichen Wesens mit ihm sei, als wollte er sagen: Wie soll man sich wundern, wenn ich der Herr von Allem bin, da ich etwas Größeres habe? Nämlich den Vater zu kennen und gleichen Wesens mit ihm zu sein. Goldene Perle
Cyrill von Jerusalem: Glauben musst du an den einen und einzigen Sohn Gottes, unsern Herrn Jesus Christus, Gott, erzeugt aus Gott, Leben, erzeugt aus dem Leben, Licht, erzeugt aus dem Lichte. Ähnlich ist er in allem dem Erzeuger. Nicht in der Zeit hat er das Sein erhalten, sondern vor aller Ewigkeit ist er ewig vom Vater in unfassbarer Weise geboren worden. Er ist die Weisheit Gottes und die persönliche, wesenhafte Kraft und Gerechtigkeit. Er sitzt zur Rechten des Vaters vor aller Ewigkeit. Denn nicht ist er, wie einige geglaubt haben, nach seinem Leiden gewissermaßen von Gott gekrönt worden, nicht hat er wegen seiner Geduld den Thron zur Rechten erhalten, sondern seitdem er ist – er ist aber ewig erzeugt –, hat er die königliche Würde und thront mit dem Vater, da er, wie gesagt, Gott, Weisheit und Kraft ist. Er regiert zugleich mit dem Vater und hat alles um des Vaters willen erschaffen. Nichts fehlt ihm zur göttlichen Herrlichkeit. Er kennt den Erzeuger, wie er vom Erzeuger gekannt wird. Um es kurz zu sagen, denke an das Wort, das in den Evangelien geschrieben ist: Niemand kennt den Sohn außer der Vater, und niemand kennt den Vater außer der Sohn“ (Mt 11,27).
Mt 11,28: Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen.
Was belastet mich? Hier können wir kurz innehalten, um wahrzunehmen, was uns auf dem Herzen liegt. Was bewegt mich? Was bereitet mir Sorgen und Ängste? Wo fällt es mir schwer loszulassen? Wir können gerne an vergangene Dinge denken oder an den heutigen Tag oder an all die Dinge, die noch kommen, aber uns schon heute beunruhigen. Welche Kreuze trage ich mit mir herum? Welche Gedanken und Gefühle? Peter Hemm
Was mache ich damit? Jesus lädt uns ein, alles, was unser Herz beunruhigt, an ihn abzugeben. Wir dürfen mit allen unseren Problemen zu ihm kommen. Vor Gott müssen wir keine makellosen Heiligen sein. Er möchte, dass wir vor ihn hintreten, wie wir sind. Er möchte uns zuhören. Er möchte eine Beziehung zu uns haben, zu mir, hier und heute. Sprechen wir mit ihm und teilen wir ihm alles mit, was wir in unserem Herzen entdeckt haben, alles, was uns beunruhigt und uns den Frieden raubt. Ist jetzt alles gut? Gott ist nicht wie eine Entsorgungsfirma, bei der man Ungewünschtes abliefert und es nie wieder zu Gesicht bekommt. Jesus erlöst uns durch seine übergroße Liebe; das ist außer Frage! Doch er möchte unser Leben gemeinsam mit uns leben, gerade auch alles, was uns bedrückt, besorgt und schwerfällt. So können genau diese Belastungen eine Gelegenheit bieten, enger mit Jesu Liebe verbunden zu sein. Jesus möchte alles gemeinsam mit uns durchleben, um uns dadurch noch konkreter und persönlicher seine Liebe offenbaren zu können. Peter Hemm
Zu Jesus mit seiner Last kommen: Du hast häufig schwer an dir selbst zu tragen, an deiner Menschlichkeit und den damit verbundenen Schwächen. Selbstzweifel, Selbstmitleid, Selbstvorwürfe sind kein guter Weg, damit um zu gehen. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Ich bitte dich: Akzeptiere liebend, dass du Fehler machst. Nimm an, was nicht so perfekt an dir ist und trage es zu Jesus hin. Er, der in uns ist, trägt deine Menschlichkeit mit. Das bedeutet nicht, dass du dich diesen Fehlern resignierend hingibst im Sinne eines “So bin ich halt.” Aus deinen Fehlern kannst und sollst du lernen. Des anderen Last tragen können wir nur dann, wenn wir unsere eigene Last in inniger Verbindung mit Christus annehmen. Das eine geht nicht ohne das andere! So trage nun heute des anderen Last sowie deine eigene und erfülle somit das Gesetz Christi.
Papst Franziskus: Der Herr weiß, wie schwer das Leben sein kann. Er weiß, dass viele Dinge das Herz ermüden. Angesichts all dessen besteht das erste Wort Jesu in einer Einladung, einer Einladung, sich in Bewegung zu setzen und zu reagieren: Kommt! Wenn die Dinge schlecht laufen, wäre es ein Fehler, dort zu verharren, wo man ist. Jesus nimmt nicht die Lasten des Lebens hinweg, sondern die Angst aus dem Herzen; er nimmt uns nicht das Kreuz ab, sondern er trägt es mit uns. Und mit ihm wird jede Last leicht, da er die Ruhe ist, die wir suchen.
Papst Franziskus: Er erwartet uns, er erwartet uns immer, nicht um auf magische Weise die Probleme zu lösen, sondern um uns in unseren Problemen stark zu machen. Jesus nimmt nicht die Lasten des Lebens hinweg, sondern die Angst aus dem Herzen; er nimmt uns nicht das Kreuz ab, sondern er trägt es mit uns. Und mit ihm wird jede Last leicht (vgl. V. 30), da er die Ruhe ist, die wir suchen. Wenn Jesus in das Leben eintritt, kommt der Friede, jener Friede, der auch in den Prüfungen, in den Leiden bleibt. Wir wollen zu Jesus gehen, ihm unsere Zeit schenken, ihm jeden Tag im Gebet in einem vertrauensvollen, persönlichen Gespräch begegnen; lasst uns mit seinem Wort vertraut werden, furchtlos seine Vergebung neu entdecken, und uns an seinem Brot des Lebens sättigen: wir werden uns geliebt fühlen, wir werden uns von ihm getröstet fühlen.
Worte von Gertrud von Helfta: Kommt, kommt, kommt. Ich komme, ich komme, ich komme zu dir, Jesus, Geliebtester, den ich geliebt, gesucht, mir gewünscht habe: wegen deiner Süße, deiner Güte und deiner barmherzigen Liebe folge ich dir nach in Liebe von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit aller meiner Kraft, da du nach mir rufst: Lass mich nicht scheitern, sondern handle an mir nach deiner Güte und deinem großen Erbarmen. Mir Herr, die ich flehentlich um deine Hilfe bitte, und mir, die ich von dem Sakrament deines Segens Kraft und Stärke ersehne, schenke das Bollwerk deines Schutzes und deine Leitung. Es herrsche in mir, Herr, durch die Gabe deines Geistes kluges Maß, weise Güte, besonnene Milde, keusche Freiheit. Lass mich in barmherziger Liebe brennen, nichts außer dir lieben, lobenswert leben, aber ein Lob dafür nicht anstreben. Dich lass mich in der Heiligkeit deines Leibes, dich in der Reinheit deiner Seele lobpreisen, voll Liebe dich lieben, voll Liebe dir dienen. Sei du mir meine Ehre, du meine Freude, du meine Begierde, du in der Trauer mein Trost, du im unschlüssigen Zweifel mein Rat. Sei du im Unrecht meine Verteidigung, in der Bedrängnis Geduld, in der Armut Überfluss, beim Hunger Speise, beim Wachen mein Schlaf, in Krankheit Medizin. In dir möchte ich alles besitzen, in dir, den ich mehr als alles zu lieben bestrebt bin.
Rückzug in die Ruhe: Die Vögel haben ihre Nester auf den Bäumen, um sich dorthin zurück zu ziehen, wenn sie dessen bedürfen. Der Hirsch hat sein Gebüsch und sein Dickicht, in dem er sich verbirgt und vergräbt und im Sommer sich der Kühle des Schattens erfreut. So muss auch unser Herz sich jeden Tag irgendeinen Platz suchen, den Kalvarienberg, die Wunden des Herrn oder einen Ort nahe bei ihm, um sich dorthin inmitten der äußeren Arbeit bei jeder Gelegenheit zurück zu ziehen, sich dort zu stärken und zu erholen und sich wie in einer Festung gegen die Versuchung zu verteidigen. Franz von Sales
Ruhe des Herzens: Eines der besten Kennzeichen für die Güte der Eingebungen ist Friede und Ruhe des Herzens. Denn der göttliche Geist ist wohl gewaltig, aber von einer sanften, milden, friedlichen Gewalt. Dem Frieden des Herzens ist die Demut untrennbar verbunden. Demut nenne ich aber nicht einen Wortschwall, äußere Gesten, das Küssen des Erdbodens oder Verneigungen, wenn man diese Dinge ohne inneres Empfinden der eigenen Niedrigkeit tut. Denn all das ist nur ein eitles Getue schwacher Geister und muss eher eine Verzerrung der Demut als Demut genannt werden. Ich rede vielmehr von einer echten und handfesten Demut, die uns empfänglich für Zurechtweisungen, lenksam und bereit zum Gehorsam macht.
Das Gebet der Ruhe: Die liebenswerte Ruhe der Seele nennt Theresia von Jesus das Gebet der Ruhe. Liebende begnügen sich zuweilen damit, bei der Person zu sein, die sie lieben, wenn sie auch nicht mit ihr reden. Sie sind, wie es scheint, zufrieden und froh, diese geliebte Gegenwart auszukosten. Ihr Gemüt findet darin Ruhe und Frieden. Wenn du daher in diesem einfachen, reinen, kindlichen Vertrauen bei unserem Herrn bist, so verweile da und rühre dich keineswegs, um fühlbare Akte des Verstandes oder des Willens zu erwecken. Diese einfache Liebe des Vertrauens und dieses liebevolle Schlafen deines Geistes in den Armen deines Erlösers schließt alles in sich, wonach immer dich gelüsten möchte. Es ist besser, an dieser heiligen Brust zu schlafen, als irgendwo anders, wo immer es auch sei, zu wachen. Eine Seele, die in Ruhe und Schweigen vor Gott ist nimmt die Wonne dieser Gegenwart in sich auf.
Er ist derjenige, der unser Herz befreit und unsere Lasten auf sich nimmt. Dadurch, dass wir ihm alles hinlegen, was uns bedrückt, schaffen wir neuen Platz in unseren Herzen. Und diesen Raum kann Jesus mit seiner Ruhe füllen. Er wird uns Ruhe schenken. Wenn wir ihm vertrauen, kommt unsere Seele zur Ruhe. Wir müssen nicht alleine tragen, Jesus ist bei uns und hilft uns. Wenn wir zuviel mit uns herumschleppen, sind wir nicht frei. Wir sind so damit beschäftigt unsere Koffer zu tragen, dass wir keine Kraft mehr haben für andere. Wir können niemanden helfen Lasten zu tragen, wenn wir selber beladen sind. Um derer Willen, die dich lieben – reise mit leichtem Gepäck. Um Gottes Willen, der dich gebrauchen will – reise mit leichtem Gepäck und um deiner eigenen Freude willen – reise mit leichtem Gepäck. Ulrike Puintner
Mt 11,29: Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen.
Tugend der Sanftmut: Die Sanftmut ist eine meiner Lieblingstugenden, weil sie so praktisch ist. Es vergeht bei mir kein Tag, bald keine Stunde, wo ich nicht vor der Wahl stehe allzu streng zu reagieren oder eben sanftmütig. Lernen können wir das, wie sollte es anders sein, von Jesus, der selbst noch am Kreuz in seiner Liebe die Sanftmut walten lässt. Sanftmut ist nach Gal 5,23 auch eine Frucht des heiligen Geistes. Beten und bitten wir für diese Frucht.
Sanftmut Christi: Wir können die Sanftmut Christi unter vier Umständen betrachten. Zunächst können wir die Sanftmut Christi in seinem gewöhnlichen Leben erkennen, denn all seine Gesinnungen waren friedlich: Er legte es nie darauf an, Streitgespräche zu provozieren, sondern vermied alles, was zu einer Auseinandersetzung führen konnte. Darin müssen wir ihn nachahmen. Ebenso scheint die Sanftmut Christi auf in seinen Zurechtweisungen. Er musste von seinen Verfolgern viel Schmach erleiden, und doch antwortete er ihnen nie wütend oder in einem aggressiven Ton. Seine Sanftmut tritt erneut in Erscheinung, wenn er jemanden in Gnade aufnahm. Er ließ sie an seinen Mahlzeiten teilnehmen oder nahm ihre Einladung an. Schließlich offenbart sich die Sanftmut Christi in seiner Passion, denn er ging in diese Passion wie ein Lamm, er, der, als er geschmäht wurde, nicht schmähte. Thomas von Aquin
Franz von Sales: Die Demut macht uns vollkommen vor Gott, die Sanftmut dem Nächsten gegenüber. Schließlich muss man dem Nächsten gegenüber Milde bis zum äußersten walten lassen, selbst bis zur Torheit, und darf niemals Vergeltung üben.
Tugend der Demut: Die Demut macht uns vollkommen vor Gott, die Sanftmut dem Nächsten gegenüber. Schließlich muss man dem Nächsten gegenüber Milde bis zum äußersten walten lassen, selbst bis zur Torheit, und darf niemals Vergeltung üben. Franz von Sales
Bedeutung der Demut: Demut bedeutet das gläubige Anerkennen Gottes. Es beinhaltet ein Bewusstsein unendlichen Zurückbleibens hinter der erstrebten Vollkommenheit. Von seiner altdeutsche Herkunft bedeutet Demut dienstwillig zu sein. Demut bedeutet sich in einer dienenden Haltung zu Gott zu befinden. Wir sind seine geliebten Werkzeuge. Von seiner hebräischen Herkunft dagegen bedeutet Demut “sich beugen“. Demut bedeutet, sich vor Gott zu beugen, ihn somit als Gott anzuerkennen und als Herr unseres Lebens. Das lateinische Wort für Demut “humilitas” hat mit Humus zu tun, mit Erdnähe. Demütige Menschen stehen mit beiden Beinen auf der Erde, um zum Himmel zu blicken. Ein Glauben ohne Demut ist undenkbar. Es ist neben der Tugend der Liebe die Tugend schlechthin.
Mt 11,30: Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.
Joch des Herrn: Jesus verspricht, allen Ruhe zu verschaffen, doch er richtet an uns auch eine Aufforderung, die wie ein Gebot ist: Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig. Das Joch des Herrn besteht darin, sich der Last der anderen mit brüderlicher Liebe anzunehmen. Wenn wir einmal die Ruhe und den Trost Christi empfangen haben, sind wir unsererseits berufen, in der Nachfolge des Meisters mit gütigen und demütigen Haltungen zu Ruhe und Trost für die Brüder und Schwestern zu werden. Die Güte und die Demut des Herzens helfen uns nicht nur, uns der Last der anderen anzunehmen, sondern auch, ihnen mit unseren persönlichen Ansichten, mit unseren Urteilen, mit unseren Kritiken oder mit unserer Gleichgültigkeit nicht zur Last zu werden. Papst Franziskus
Das war eine Auslegung und ein Kommentar zum Matthäus Evangelium Mt Kapitel 11.