Erster Brief an die Korinther (1. Kor) Kapitel 13: Auslegung und Kommentar
Auslegung und Kommentar zum ersten Brief an die Korinther (1. Kor) Kapitel 13
1. Kor 13,1-13: Hohelied der Liebe
Auslegung und Kommentar zu 1. Kor 13,1-13
1. Kor 13,1: Wenn ich in Sprachen der Menschen und der Engel redete, aber keine Liebe hätte, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.
Benedikt XVI über diesen Hymnus: Dieser Hymnus muß die Magna Charta allen kirchlichen Dienens sein; in ihm sind alle Überlegungen zusammengefaßt, die ich im Laufe dieses Schreibens über die Liebe entwickelt habe. Die praktische Aktion bleibt zu wenig, wenn in ihr nicht die Liebe zum Menschen selbst spürbar wird, die sich von der Begegnung mit Christus nährt. Das persönliche, innere Teilnehmen an der Not und am Leid des anderen wird so Teilgabe meiner selbst für ihn: Ich muß dem anderen, damit die Gabe ihn nicht erniedrigt, nicht nur etwas von mir, sondern mich selbst geben, als Person darin anwesend sein.
Allein die Liebe zählt: Es ist zunächst etwas sehr Einfältiges, was hier gesagt ist, nämlich daß ein Leben Sinn und Wert hat, nur sofern Liebe in ihm ist, und daß ein Leben nichts, gar nichts istund keinen Sinn und Wert hat, wenn keine Liebe in ihm ist. Ein Leben ist so viel wert, wie viel Liebe es hat. Alles andere ist nichts, gar nichts, ganz gleichgültig, ganz unwichtig, alles Schlechte und alles Gute, alles Große undalles Kleine ist unwichtig – wir sind nur nach einem gefragt, ob wir Liebe haben oder nicht. Bonhoeffer
1. Kor 13,2: Und wenn ich weissagen könnte und alle Geheimnisse wüsste; wenn ich jede Erkenntnis besäße und einen Glauben, der Berge versetzt, aber keine Liebe hätte, wäre ich nichts.
Wenn ich alle Erkenntnis besäße: Wir sind alle spirituell auf der Suche. Auf dieser Suche eignen wir uns auch Erkenntnisse an und vertiefen unseren Glauben. Wir dringen in Geheimnisse vor und weissagen evtl. indem wir von Gott her zu den Menschen reden. Irgendwie versuche ich das ja auch mit meinen Impulsen. Auch hier gilt. Fehlt die Liebe, ist alle spirituelle Suche wertlos und dient nur dazu, mein Selbstwertgefühl aufzubauen und mich interessant zu machen. Ich gebe mit meiner Erkenntnis an und bin übertrieben stolz darauf, dass andere meine Worte so toll finden oder mich für meinen Glauben bewundern. Das alles ist aber dann ein Irrweg. Nur in der Liebe macht uns aller Glauben und Erkenntnis demütig.
Glaube, der Berge versetzt: was für eine erstaunliche Sache wäre es, einen Glauben zu haben, der das Unmögliche bewirken könnte! Doch selbst mit dieser Art von Glauben sind wir nichts ohne Liebe . Ein Mann mit dieser Art von Glauben kann große Berge versetzen, aber er wird sie jemand anderem direkt in den Weg stellen – oder direkt auf jemand anderen – wenn er keine Liebe hat.
1. Kor 13,3: Und wenn ich meinen ganzen Besitz zur Armenspeisung verwendete, ja wenn ich mich selbst aufopferte aufopferte, um berühmt zu werden, aber keine Liebe hätte, nützte es mir nichts.
Echte Anteilnahme: Viele Christen glauben, dass es im christlichen Leben nur um Opfer geht – ihr Geld, ihr Leben für die Sache Jesu Christi zu opfern. Opfer ist wichtig, aber ohne Liebe ist es nutzlos, es bringt mir nichts. Die Habe austeilen ist facettenreich (Geld, Zeit, materielle Güter etc.). Damit helfen wir dem Nächsten, v.a. den Armen an Leib und Seele. Ohne die Liebe bleibt das allerdings reiner Aktionismus. Es geht um ein inneres Teilnehmen an dem Leid des Nächsten, um eine wirkliche innere Verbindung, aus der heraus ich meine Habe austeile, ich mich selbst dem anderen gebe. Ja, das steht an erster Stelle: Ich muss mich selbst geben und nicht einfach irgendetwas.
1. Kor 13,4: Die Liebe ist langmütig und gütig.
1. Kor 13,4: Liebe ist geduldig und freundlich.
Langmütig zu sein, bedeutet Geduld zu haben zu haben mit den Eigenheiten des Nächsten. Ärgere dich nicht schnell über den anderen, sondern versuche in der Gelassenheit zu wohnen. In Gottes Kraft gelingt es dir so, auch Menschen zu lieben, die dir nicht unbedingt sympathisch sind. Dein Herz öffnet sich und deine Liebe fließt so zu allen über. Die Weite deines Herzens spiegelt das Vertrauen in die Menschen wider. Hier wird keine Forderung sichtbar, sondern die Eigenschaft der Liebe verwandelt den Menschen und gibt ihm ein gutes Daseinsgefühl. Gütige Liebe zum anderen bedeutet, dass wir es gut mit ihm meinen. Wir wollen nur sein bestes und handeln dementsprechend.
Zur Geduld: Wir können uns wehren, können manches nach unserem Willen gestalten – im Grunde müssen wir annehmen, was kommt und gegeben wird. Das zu verstehen und sich danach zu verhalten, ist Geduld. Wer das nicht will, steht in immerwährendem Konflikt mit dem eigenen Dasein. (…) Wir müssen Geduld auch haben mit den Menschen, mit denen wir verbunden sind. Ob das nun die Eltern sind, oder der Ehepartner, das Kind; der Freund, der Arbeitsgenosse, oder wer immer – mündiges, verantwortetes Leben fängt damit an, dass wir den Menschen annehmen, wie er ist. Romano Guardini
Geduld müssen wir auch haben mit uns selbst. Wir wissen – in etwa; in der Form eines mehr oder weniger klaren Wunsches -, wie wir sein möchten. Möchten gern diese Eigenschaft los sein, jene haben, und stoßen uns daran, doch zu sein, wie wir eben sind. Es ist schwer, der bleiben zu müssen, der man ist; demütigend, immer die gleichen Fehler, Schwächen, Kümmerlichkeiten fühlen zu müssen. Romano Guardini
Zur Freundlichkeit: Manche Leute sind der irrigen Ansicht, es sei Verstellung, Menschen, die uns unsympathisch sind, Beweise herzlicher Liebe und freundschaftlicher Gesinnung zu geben. Das stimmt aber nicht. Für die Abneigung können wir nichts, sie hat ihren Sitz im niederen Bereich der Seele. Wir handeln also nicht falsch, obwohl unser Gefühl nicht mit Wort und Tat übereinstimmt. Wie unsinnig handeln dagegen die Leute, wenn sie sich mit ihrer angeblichen Offenheit brüsten, weil sie ihre Feinde schief ansehen und das gerade und ehrlich heißen! Franz von Sales
Lebe geduldig mit deiner Unvollkommenheit: Wenn wir mit den anderen Geduld haben müssen, so müssen wir sie auch mit uns selbst und unserer Unvollkommenheit haben. Wir müssen unsere eigene Unvollkommenheit mit Geduld ertragen, nicht aber sie lieben. Wir müssen die Wahrheit bekennen, daß wir arme Menschen sind. Sollen wir deshalb nun in Unruhe oder Verwirrung geraten, hastig werden oder uns betrüben? Nein, gewiß nicht. Unsere Unvollkommenheit muß uns bis zum Grab begleiten. Wir können nicht gehen, ohne die Erde zu berühren. Wenn wir in der Welt leben, auch wenn wir sie nur mit den Füßen berühren, ist es uns nicht möglich, von ihrem Staub nicht beschmutzt zu werden. Wir dürfen uns nicht auf die Erde hinlegen oder uns dort wälzen, aber wir dürfen auch nicht ans Fliegen denken. Franz von Sales
1. Kor 13,4: Sie kennt keinen Neid. Sie macht sich nicht wichtig und bläst sich nicht auf.
Zum Neid: Neid ist eine der am wenigsten produktiven und schädlichsten aller Sünden. Es bewirkt nichts, außer zu verletzen. Liebe hält sich von Neid fern und nimmt es nicht übel, wenn jemand anderes befördert oder gesegnet wird. Clarke beschreibt das Herz, das nicht neidisch ist : „Sie sind immer bereit, dass andere vor ihnen bevorzugt werden
Ist Neid eine kleine Sünde? Neid ermordete Abel (Gen 4:3-8 ). Neid versklavte Josef (Gen 37:11, 28 ). Neid brachte Jesus ans Kreuz: Denn er wusste, dass sie ihn aus Neid ausgeliefert hatten (Mt 27:18).
Liebe stellt sich nicht zur Schau: Liebe in Aktion kann anonym wirken. Es muss nicht das Rampenlicht oder die Aufmerksamkeit haben, um gute Arbeit zu leisten oder mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Liebe gibt, weil sie es liebt zu geben, nicht aus dem Lob heraus, das sie haben kann, wenn sie sich selbst zur Schau stellt.
Liebe prahlt nicht: Ja, es tut uns gut, vor anderen gut da zu stehen, Anerkennung auf welche Weise auch immer von ihnen zu bekommen. Das ist alles nur zu menschlich. Wenn´s allein nur darauf mir ankommt, dann bin ich auf keinem guten Weg. Wer dagegen in der Liebe wohnt und sich von ihr erfüllen lässt, hat es nicht nötig, sich gut dazustellen, um anzugeben, sich über andere zu erheben und auf sie geringschätzig zu blicken. Und so beneidet die Liebe auch nicht, sondern freut sich vielmehr mit dem Nächsten. Die Liebe bringt uns in Berührung mit dem inneren Selbst. So schenkt sie uns Gelassenheit und innere Ruhe. Wir sind in Übereinstimmung mit uns selbst. Dadurch können wir dem Hang zu Neid oder Prahlsucht widerstehen.
1. Kor 13,5: Liebe verletzt nicht den Anstand.
1. Kor 13,5: Die Liebe ist nicht unanständig.
1. Kor 13,5: Die Liebe verhält sich nicht taktlos.
Liebe verletzt nicht: Anstand hört sich aus unserer Zeit heraus etwas spießbürgerlich an. Dies musst du ausklammern. Den Anstand nicht zu verletzen, bedeutet hier, dass wir ein Empfinden haben für den Wert des Gegenübers, so dass wir ihm bei allem Fehlverhalten oder nicht vorhandener Sympathie mit dem gebührenden Respekt gegenüber treten und ihn als Mensch ansprechen.
1. Kor 13,5: Die Liebe sucht nicht das Ihre.
1. Kor 13,5: Die Liebe sucht nicht den eigenen Vorteil.
Liebe sucht nicht das Ihre: Liebe ist immer auf den anderen bezogen. Sie sucht danach, dass es ihm gut geht. Wo Liebe da ist, da ist die Hingabe an den Nächsten. Aber es besteht eine Wechselseitigkeit, denn ich erlebe mich in der Liebe zum anderen selbst auf beglückende Weise. Das ist ok und gut so, auch wenn es zeigt, dass eine rein selbstlose Liebe ein schwer erreichbares Ideal ist. Umso mehr fördert es in mir die Demut, wenn ich meine eigene Bedürftigkeit erkenne. In der Liebe darf ich dies sanftmütig betrachten und mich zugleich aber auch so gut wie möglich von etwaigen egozentrischen Bedürfnissen zu distanzieren.
Liebe ist nie zufrieden, außer im Wohlergehen, Trost und der Errettung aller. Der Mensch ist kein Christ, der nur um sein eigenes Glück besorgt ist; und kümmert sich nicht darum, wie die Welt läuft, damit er sich wohlfühlt.
1. Kor 13,5: Die Liebe verliert nicht die Beherrschung.
1. Kor 13,5: Die Liebe lässt sich nicht zum Zorn reizen.
Gegen den Zorn: Es geht nicht darum, den Zorn zu unterdrücken, wenn er mal da ist. Allerdings müssen wir erstens dafür sorgen, dass wir den Zorn nicht ungebremst am anderen auslassen, sondern andere Wege finden, ihn raus zu lassen. Bei mir ist es klassisch das Laufen an der frischen Luft. Bis ich dazu komme, gilt es zumindest in dieser Zeitphase dahin, sich zu beherrschen. Zweitens geht es langfristig auch darum, dass wir es durchaus zumindest teilweise in der Hand haben, worüber wir uns aufregen. Regen wir uns zu viel über zu Vieles auf, dann ist es dann ein starker Hinweis darauf, dass sich unsere Seele nicht im Gleichgewicht befindet. Dann tut es gut in welcher Art und Weise sich zurück zu ziehen, sich zu besinnen und seine Seele in der Christus-Beziehung zu pflegen.
1. Kor 13,5: Die Liebe trägt das Böse nicht nach.
1. Kor 13,5: Die Liebe ist nicht nachtragend.
Liebe ist nicht nachtragend: Die Liebe berechnet nicht: du gibst mir das, dafür gebe ich dir dies. Sie sinnt nicht nach Rache, d.h. sie antwortet nicht auf das Böse mit ebenso Bösem. Die Liebe steigt aus dem Teufelskreis aus, wo sich Menschen immer wieder gegenseitig weh tun. Die Liebe geht dagegen den Weg der Vergebung und trägt dem anderen nicht unentwegt seine Schuld nach. Das ist nicht immer einfach, gerade wenn wir schwer verletzt werden auf welche Art und Weise auch immer. Gerade darum, gilt es sich immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, dass Gott selbst uns die Kraft gibt, wenn wir ihn darum bitten.
1. Kor 13,6: Die Liebe freut sich nicht an der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit.
Liebe freut sich an Wahrheit: Die Liebe spürt es, wenn es ungerecht zugeht. Es ist eine romantisch-blauäugige Liebe, sondern eine Liebe, die auch gegen Unrecht vorgeht, es benennt und handelt. Sie schaut mit einem Blick der Wahrheit auf die Welt. Sie freut sich an der Wahrheit. Die Wahrheit zu sagen allerdings ist nicht nur eine Sache der Gesinnung, sondern auch der richtigen Erkenntnis und des ernsthaften Bedenkens. Je mannigfaltiger die Lebensverhältnisse eines Menschen sind, desto verantwortlicher und schwerer wird es für ihn die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit zu sagen muss also gelernt werden. Da es aber nun einmal so ist, dass das Ethische nicht von der Wirklichkeit gelöst werden kann, ist das immer bessere Erkennen lernen der Wirklichkeit ein notwendiger Bestandteil des ethischen Handelns. Es geht um das jeweils rechte Wort. Dieses zu finden ist eine Sache langer, ernster und immer fortschreitender Bemühung auf Grund von Erfahrung und Erkenntnis des Wirklichen.
1. Kor 13,7: Die Liebe erträgt alles.
1. Kor 13,7: Die Liebe deckt alles zu.
Liebe erträgt alles: Die Liebe befähigt uns dazu, vieles zu ertragen und auszuhalten. Es geht hier nicht darum, alles einfach still schweigend hinzunehmen. Es geht darum, in der Liebe die Kraft zu erhalten, Dinge zu ertragen, die nur schwer oder gar nicht zu verändern sind. Wer von dieser Liebe erfüllt ist, der vermag vieles zu tragen, ohne daran zu zerbrechen. Das gilt sowohl für das Unangenehme in mir selbst als auch für das Negative im anderen. Ich sehe, was in mir und was im anderen ist. Ich verdränge oder unterdrücke es nicht. Aber indem ich mit Liebe darauf schaue, decke ich es zu. Dieses Zudecken der Liebe bedeutet, nicht zu urteilen, sondern dem anderen und sich selbst zuzutrauen, dass wir unter dem Schutz der Liebe reifen und unsere Fehler ablegen können.
1. Kor 13,7: Die Liebe glaubt alles.
Liebe glaubt alles: Für mich ist dieser Satz eine Herausforderung, keinen Menschen aufzugeben. Immer wenn ich Enttäuschung erlebe, halte ich mich an diesem Satz fest. Die Enttäuschung ist auch Realität. Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Mensch mich so verletzen könnte, dass er mein Vertrauen so missbrauchen könnte. Doch ich bleibe nicht bei der Enttäuschung stehen. Ich versuche, wider allen Schein daran zu glauben, dass im anderen die Sehnsucht ist, gut zu sein. Und ich überlege, wie ich seine Sehnsucht nach dem Guten ansprechen kann. Die Liebe traut dem anderen alles zu. Sie hat Vertrauen in ihn. Sie schreibt ihn niemals ab. Sie glaubt an den guten Kern im anderen. Sie übersieht nicht das Böse und Verhärtete im anderen. Aber sie schaut hindurch auf den göttlichen Kern, auf die innerste Sehnsucht nach dem Guten. In jedem Menschen steckt die Sehnsucht, gut zu sein. Und der innerste Kern im Menschen ist unverletzt und gut. Anselm Grün
1. Kor 13,7: Die Liebe hofft alles.
Liebe hofft alles: Liebe hat Vertrauen in die Zukunft, nicht Pessimismus. Wenn es verletzt ist, sagt es nicht: Es wird für immer so bleiben und sogar noch schlimmer werden. Sie hofft auf das Beste, und sie hofft auf Gott.
Zur Hoffnung: Das deutsche Wort Hoffnung kommt von hüpfen. Es meint eine innere Lebendigkeit. Wer hofft, der ist voller Leben. Hoffen ist etwas anderes als eine Erwartung haben. Hoffen geschieht immer in einer Beziehung der Liebe. Ich hoffe immer auf dich und für dich. Die Hoffnung ist also Ausdruck einer Liebe, die den anderen nie aufgibt. Ich kann warten, bis der gute Kern im anderen sich entfaltet, bis das Leben, das Gott ihm geschenkt hat, in ihm zur Blüte kommt. Wenn die Liebe in mir ist, dann gebe ich die Hoffnung nie auf, dann gebe ich mich selbst nie auf. Ich hoffe auf das in mir, was ich noch nicht sehe, auf den guten Kern, auf die Möglichkeiten, die Gott mir geschenkt hat. Wenn ich an meinen Verletzungen leide, dann hoffe ich, dass meine Wunden in Perlen verwandelt werden und dass ich auf meinem inneren Weg in die einmalige Gestalt hineinwachse, die Gott mir zugedacht hat. Anselm Grün
1. Kor 13,7: Die Liebe hält allem stand.
Liebe hält allem stand: Es geht um das das Standhalten, das Aushalten, das Tragen, die Standfestigkeit. Wer die Liebe in sich spürt, der ist fähig, Konflikte durchzustehen. Er hat Stehvermögen. Liebe ist eine Kraft, die uns dazu befähigt, den Anfeindungen Anfeindungen und aggressiven Verhaltensweisen anderer Menschen stand zu halten. Sie lässt uns nicht zurückweichen. Es geht nicht darum, alles zu ertragen und sich nie zu wehren, auch wenn der Partner mich noch so oft und tief verletzt. Das wäre Resignation und würde in Masochismus enden. Standhalten meint vielmehr: ich lasse mich in meiner Liebe nicht unterkriegen. Ich bleibe stehen. Ich halte die Liebe dagegen. Ich hoffe, dass die Liebe stärker ist als die aggressiven Kräfte, die ich gerade beim anderen spüre. Aber zugleich muss ich mir in aller Demut zugestehen, dass ich nicht allem standhalten kann. Anselm Grün
1. Kor 13,8: Die Liebe hört niemals auf. Aber seien es Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.
1. Kor 13,8: Die Liebe wird niemals vergehen.
Gott ist Liebe. Und Gehört hört niemals auf. In unserem Tod führt es uns zur Liebe. Er schenkt uns die Einheit mit sich selbst und in diesem Einssein die Vollendung der Liebe. Die Liebe vollendet sich im Tod. Und sie überdauert den Tod. Sie ist stärker als der Tod. Im Tod wird sie vollkommen sein. Und alles Stückwerk und alle Brüchigkeit unserer menschlichen Existenz werden aufhören, damit Gott uns in seiner Liebe vollenden wird.
Liebe hört niemals auf: Es geht auf dem geistlichen Wege nicht darum, viel zu denken, sondern viel zu lieben. Was am meisten Liebe in euch weckt, das tut. O mein Jesus, so groß ist Deine Liebe zu den Menschenkindern, daß man Dir den größten Dienst erweist, wenn man sich nicht Dir, sondern ihnen zuwendet, denn dann ist man Dir am tiefsten verbunden. So lange wir in diesem sterblichen Leibe leben, sind alle Freuden der Erde, selbst wenn sie von Dir geschenkt scheinen, zweifelhaft, werden sie nicht von der Liebe zum Nächsten begleitet. Wer den Nächsten nicht liebt, liebt auch Dich nicht, mein Herr, der Du mit deinem Blute die große Liebe zu uns Adamskindern bezeugt hast. Teresa von Ávila
1. Kor 13,9: Denn wir erkennen und weissagen ja nur einzelne Dinge.
1. Kor 13,10: Wenn dann aber das Ganze kommt, wird alles Unfertige beseitigt werden.
1. Kor 13,11: Als ich Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte und urteilte wie ein Kind. Als ich Mann wurde, tat ich das Kindliche ab.
1. Kor 13,12: Jetzt sehen wir nur ein undeutliches Bild wie in einem trüben Spiegel.
1. Kor 13,12: Jetzt sehen wir wie in einem blank polierten Stück Metall nur rätselhafte Umrisse, dann aber werden wir alles direkt zu Gesicht bekommen. Jetzt erkenne ich nur Teile des Ganzen, dann werde ich alles erkennen, wie auch ich völlig erkannt worden bin.
Bild wie ein Spiegel: Es ist unmöglich, Gott zu schauen und ihn nicht zu lieben. Hier auf dieser Welt aber, wo wir Gott nicht sehen, sondern ihn nur durch die Schatten des Glaubens wie in einem Spiegel ahnend wahrnehmen, ist unsere Erkenntnis nicht so groß, daß sie nicht von Scheingütern überlistet und überrumpelt werden könnte. Da die Sicherheit und Wahrheit des Glaubens immer von Dunkelheit begleitet ist, kann sich vieles einschleichen und gleich kleinen Füchsen unseren blühenden Weinberg zerstören. Wir neigen uns einmal nach rechts zur göttlichen Liebe hin und bald darauf wieder nach links zur irdischen Liebe, je nachdem die göttliche Einsprechung oder die Versuchung ein williges Ohr findet.
Wir werden Gott von Angesicht zu Angesicht schauen. Wir werden in der Liebe wohnen, die Gott selbst ist. In dieser Schau Gottes vollendet sich die Liebe. Im Tod wird die Liebe zum vollen Erkennen Gottes. Im Schauen Gottes werden wir eins mit ihm. Wir werden erkennen, dass Gott Liebe ist. Im Erkennen vollendet sich dann unsere Liebe. Wir werden eins mit der Liebe, die Gott selbst ist. Das spricht für die vollkommene Gemeinschaft mit Gott, die wir eines Tages haben werden. Wenn wir heute in einen guten Spiegel schauen, ist das Bild klar. Aber in der Antike waren Spiegel aus poliertem Metall und das Bild war immer undeutlich und etwas verzerrt. Wir sehen Jesus jetzt nur auf eine undeutliche, undeutliche Weise, aber eines Tages werden wir Ihn mit vollkommener Klarheit sehen. Wir werden wissen, so wie auch ich bekannt bin.
Franz von Sales: Unser Herz erleidet einen Durst, der durch irdische Freuden nicht gestillt werden kann. O wunderbare, aber so liebenswerte Unruhe des menschlichen Herzens! O meine Seele, sei immer ohne Rast und Ruhe auf dieser Erde, bis du die frischen Wasser des unsterblichen Lebens und den höchst heiligen Gott findest, die allein es vermögen, deinen Durst zu löschen und deine ganze Sehnsucht zu stillen. O wie innig wird die Vereinigung unseres Herzens mit Gott einst im Himmel sein, wenn wir nach langer, in dieser Welt nie gestillter Sehnsucht nach dem wahren Gut, dessen lebendige und machtvolle Quelle finden werden.
Franz von Sales: Es ist unmöglich, Gott zu schauen und ihn nicht zu lieben. Hier auf dieser Welt aber, wo wir Gott nicht sehen, sondern ihn nur durch die Schatten des Glaubens wie in einem Spiegel ahnend wahrnehmen, ist unsere Erkenntnis nicht so groß, daß sie nicht von Scheingütern überlistet und überrumpelt werden könnte. Da die Sicherheit und Wahrheit des Glaubens immer von Dunkelheit begleitet ist, kann sich vieles einschleichen und gleich kleinen Füchsen unseren blühenden Weinberg zerstören (Hld 2,15)
Von Angesicht zu Angesicht: Paulus verwendet diesen Begriff, um eine vollständige, ungehinderte Gemeinschaft mit Gott zu beschreiben. 1 Johannes 3:2 sagt uns, wenn wir in den Himmel kommen, werden wir Ihn sehen, wie Er ist. Es wird keine Hindernisse mehr für unsere Beziehung zu Gott geben. Wenn wir Jesus vollständig sehen können (nicht wie in einem schlecht reflektierten Bild), wird das Bedürfnis nach den Gaben verschwunden sein, und so werden die Gaben vergehen. Die Gaben des Heiligen Geistes werden von der unmittelbaren Gegenwart Jesu überschattet. Wenn die Sonne aufgeht, schalten wir die kleineren Lichter aus.
1. Kor 13,13: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.
Liebe ist die Größte: Es gibt keine Liebe ohne Glauben. Ich muss an das Gute im anderen glauben, damit ich gut mit ihm umgehen kann. Ohne Glauben würde Liebe zu einer Überforderung. Und es gibt keine Liebe ohne Hoffnung. Die Liebe ist immer auch Hoffnung. Die höchste Gabe, die der Geist aber gibt, ist die Liebe. Diese Liebe ist aber nun personifiziert in Jesus Christus, der selbst sagt: Bleibt in meiner Liebe! So geht es nicht darum, Liebe zu haben, sondern Liebe zu sein in der Nachfolge Christi.
Die Liebe ist das tragende Fundament und Ziel unseres Lebens, das einzige Ziel, das niemals aufhören wird. Ohne Liebe sind wir nichts. Liebe ist Mutter aller Tugenden. „So sind doch alle Tugenden nackt ohne die Liebe.“ (Leo der Große) Gott ist die Quelle aller Liebe. Wir sind berufen, seine Liebe zu empfangen, zu erwidern und weiterzugeben. Allerdings: wenn wir versuchen, uns in der Tugend der Liebe zu üben, lernen wir vor allem eines, nämlich dass wir häufig scheitern. Dennoch üben wir uns ein Leben lang in der Liebe. Unsere ganze Askese zielt darauf ab, dass wir fähig werden, den Nächsten zu lieben. Der Wille Gottes ist es, dass wir lieben. Dort wo wir lieben, ist das Reich Gottes.
Worte von Teresa von Kalkutta: Ich bin ein Bleistift in der Hand Gottes, der einen Liebesbrief an die Welt schreibt. Hab keine Angst zu lieben, bis es wehtut. Es ist die Weise, wie Jesus geliebt hat. Lasse nie zu, dass du jemandem begegnest, der nicht nach der Begegnung mit dir glücklicher ist. Die einfache Tatsache, dass Gott euch einen Menschen über euren Weg schickt ist das Zeichen dafür, dass ihr etwas für ihn tun sollt. Wer den Armen den Rücken zukehrt, kehrt ihn Christus zu. Es genügt nicht zu sagen: Ich liebe. Liebe muss lebendige Tat werden. Es geht nicht darum, wie viel wir tun, sondern darum, dass wir es mit Liebe tun.
Worte von Franz von Sales: Die Bienenkönigin ist das Zentrum des Bienenvolkes. Ohne sie geht nichts und alle folgen ihr nach. So ist auch die Liebe das Zentrum aller Tugenden, ohne sie sind alle Tugenden nichts. Wenn du die Liebe immer neu in deiner Seele pflegst, wirst du von allein die entsprechenden Tugendwerke hervorbringen (Sanftmut, Demut, Bescheidenheit etc.). Der Mensch der Liebe ist vom eigenen Ich befreite Persönlichkeit, nichts an sich reißend, sich beständig an andere verströmend aus dem nie versiegenden Quell der Liebe.
Die Liebe ist am größten, weil sie im ewigen Zustand fortdauern, ja sogar wachsen wird. Wenn wir im Himmel sind, haben Glaube und Hoffnung ihren Zweck erfüllt. Wir brauchen keinen Glauben , wenn wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Wir brauchen nicht auf das Kommen von Jesus zu hoffen , sobald Er kommt. Aber wir werden den Herrn und einander immer lieben und in dieser Liebe bis in alle Ewigkeit wachsen.
Liebe ist auch das Größte, weil sie eine Eigenschaft Gottes ist (1. Joh 4:8), und Glaube und Hoffnung sind nicht Teil von Gottes Charakter und Persönlichkeit. Gott hat keinen Glauben in der Weise, wie wir Glauben haben , weil er niemals außerhalb von sich selbst „vertrauen“ muss. Gott hat keine Hoffnung , wie wir Hoffnung haben , weil er alle Dinge kennt und die vollständige Kontrolle hat. Aber Gott ist Liebe und wird immer Liebe sein.
Das war eine Auslegung und ein Kommentar zum ersten Brief an die Korinther (1. Kor) Kapitel 13.