Kohelet (Koh) Kapitel 7: Auslegung und Kommentar
Auslegung und Kommentar zu ausgewählten Bibelversen aus dem Buch Kohelet (Koh) Kapitel 7
Koh 7,1-22: Lob der Weisheit und Besonnenheit
Koh 7:1: Ein guter Name ist besser als wohlriechendes Salböl, und der Tag des Todes ist besser als der Tag der Geburt.
Koh 7:2: Besser, man geht in das Haus der Trauer als in das Haus des Festgelages; denn dort ist das Ende aller Menschen, und der Lebendige nimmt es zu Herzen.
Koh 7:3: Kummer ist besser als Lachen; denn wenn das Angesicht traurig ist, so wird das Herz gebessert.
Koh 7,3: Trauer verändert den Menschen zum Guten.
Das Gefühl der Trauer: Um in der vollkommenen Freude zu leben, ist es enorm wichtig, wie wir mit unseren Gefühlen umgehen. Trauer ist eines dieser wichtigen Gefühle, dass nicht unterdrückt, sondern gelebt werden muss. Wenn wir berechtigte Trauer über welche Wunde auch immer nicht zulassen, als sei sie nicht da, fängt sie an zu eitern. Ein oberflächlicher Aufruf zur Freude im Sinne von „Lach doch mal“ ist zum Scheitern verurteilt. Es sind oft die schmerzhaften Zeiten, die uns in wahrer Trauer enger zusammenschweißen, die in uns Empathie und Mitgefühl entstehen lassen, die intensive Nähe zu Mitmenschen und zu Gott entstehen lassen und so paradoxerweise die Grundlage tiefer Freude bilden.
Wird die Trauer verweigert, können Menschen innerlich erstarren. Anselm Grün
Koh 7:4: Das Herz der Weisen ist im Haus der Trauer; aber das Herz der Narren im Haus der Lustigkeit.
Koh 7:5: Es ist besser, auf den Tadel des Weisen zu hören, als dem Gesang der Narren zu lauschen!
Koh 7:6: Denn das Lachen des Narren ist wie das Knistern der Dornen unter dem Topf; auch das ist nichtig!
Koh 7:7: Denn Bedrückung bringt den Weisen zur Tollheit, und das Bestechungsgeschenk verderbt das Herz.
Koh 7:8: Der Ausgang einer Sache ist besser als ihr Anfang; besser ein Langmütiger als ein Hochmütiger.
Koh 7,9: Werde nicht schnell zornig, denn nur ein Dummkopf braust leicht auf.
Koh 7:9: Lass dich nicht schnell zum Ärger reizen; denn der Ärger wohnt in der Brust der Toren.
Gegen den Zorn: Zürne überhaupt nie, wenn es möglich ist. Werden wir einmal aus Schwäche davon überrascht, dann schlage ihn rasch nieder. Nimm schnell aber ruhig deine Kraft zusammen, sobald du ihn aufsteigen fühlst und rufe um Hilfe zu Gott. Er wird unsere Leidenschaft zum Schweigen bringen und es wird eine große Ruhe sein. Wenn wir dagegen heftig gegen den Zorn ankämpfen, machen wir unser Herz oft unruhiger, als es vorher war, so dass es vor Aufregung nicht mehr Herr über sich selbst ist. Hast du im Zorn gehandelt, dann mache den Fehler sofort wieder gut durch einen Akt der Sanftmut gegen jene, über die du in Zorn geraten bist. Es heißt doch, dass frische Wunden am raschesten heilen.
Koh 7:10: Sprich nicht: »Wie kommt es, dass die früheren Tage besser waren als diese?« Denn nicht aus Weisheit fragst du so!
Koh 7:11: Weisheit ist so gut wie ein Erbbesitz und ein Vorteil für die, welche die Sonne sehen.
Koh 7:12: Denn die Weisheit gewährt Schutz, und auch das Geld gewährt Schutz; aber der Vorzug der Erkenntnis ist der, dass die Weisheit ihrem Besitzer Leben gibt.
Weisheit gewährt Schutz: Die Weisheit ist so gut, als ein Erbgut; denn sie beschirmt, wie Geld und Gut beschirmt; die Weisheit ist besser als Geld und Gut, denn sie giebt dem, der sie hat, das Leben. Die Weisheit schützt das Leben nicht nur, sondern sie gibt auch das Leben, nämlich das wahre Leben, das allein des edlen Namens werth ist, insofern der Weise mitten in der Eitelkeit der Dinge sich dem Herrn und der Ewigkeit zuwendet. Emil Quandt
Koh 7:13: Betrachte das Werk Gottes! Wer kann gerade machen, was er gekrümmt hat?
Koh 7,14: Wenn es dir gut geht, dann freu dich über dein Glück und wenn es dir schlecht geht, dann bedenke: Gott schickt dir beides, und du weißt nie, was die Zukunft bringen wird.
Koh 7:14: Am guten Tag sei guter Dinge, und am bösen Tag bedenke: Auch diesen hat Gott gemacht gleichwie jenen — wie ja der Mensch auch gar nicht herausfinden kann, was nach ihm kommt.
Alles von Gott annehmen: Die Grundhaltung hier ist zum einen die Bereitschaft, auch die schweren Lebenserfahrungen im Vertrauen auf den Schöpfergott anzunehmen. Zum anderen wird immer wieder zum Genuß aufgerufen. Das ist aber kein Aufruf zum oberflächlichen Genußleben. Sein Aufruf zur Lebensfreude ist vielmehr in seinem Schöpfungsglauben verwurzelt. Wer an die Welt als Gottes Schöpfung glaubt, wird ihre Herrlichkeiten dankbar als Gottes Geschenk genießen. Es gilt, das Gegenwärtige zu ergreifen im Blick auf das Zukünftige. Es gilt zu handeln, zuzupacken, die von Gott geschenkten Möglichkeiten zu nutzen und die dunklen Tage, die kommen werden, von vornherein einzuschließen.
Den guten wie den bösen Tag annehmen: Die meisten Menschen sind zwar am guten Tag guter Dinge, aber wenn die Tage kommen, die ihnen nicht gefallen, lassen sie den Kopf hängen, murren und lamentieren. Und audrerseits giebt es auch solche Menschen, die nicht blos traurig und verdrießlich sind an bösen Tagen, sondern selbst an guten Tagen, indem sie die traurige Kunst besitzen, sich auch die fröhlichen Stunden, die Gott der Herr ihnen giebt, zu verdüstern und zu verderben durch ängstliches Sorgen um die Zukunft. Der Weise aber ist am guten Tag guter Dinge, lobt und preist seinen Schöpfer, der es so gut mit ihm meint und das Füllhorn seiner Freundlichkeit über ihn ausschüttet; der Weise nimmt auch den bösen Tag für gut denn er weiß, daß ob auch lauter Nein erscheinet, doch lauter Ja gemeinet ist, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen müssen, daß die Lebensluft nicht nur des wärmenden Sonnenscheins, sondern auch der reinigenden Stürme bedarf. Emil Quandt
Koh 7:15: Dies alles habe ich gesehen in den Tagen meiner Nichtigkeit: Da ist ein Gerechter, der umkommt in seiner Gerechtigkeit, und dort ist ein Gottloser, der lange lebt in seiner Bosheit.
Koh 7:16: Sei nicht allzu gerecht und erzeige dich nicht übermäßig weise! Warum willst du dich selbst verderben?
Sei nicht gar zu gerecht und weise: treib‘ es nicht zu weit in der äußerlichen Art der Gesetzeserfüllung, mit der der Dünkel verbunden ist, durch eigne Heiligkeit den Himmel zu verdienen. Emil Quandt
Koh 7:17: Sei aber auch nicht allzu gesetzlos und sei kein Narr! Warum willst du vor deiner Zeit sterben?
Koh 7:18: Es ist am besten, du hältst das eine fest und lässt auch das andere nicht aus der Hand; denn wer Gott fürchtet, der entgeht dem allem.
Koh 7:19: Die Weisheit macht den Weisen stärker als zehn Mächtige, die in der Stadt sind.
Koh 7:20: Weil kein Mensch auf Erden so gerecht ist, dass er Gutes tut, ohne zu sündigen,
Koh 7:21: so höre auch nicht auf alle Worte, die man dir hinterbringt, und nimm sie nicht zu Herzen, damit du nicht deinen eigenen Knecht dir fluchen hörst!
Koh 7,22: Du weißt genau, dass auch du schon oft über andere hergezogen bist.
Koh 7:22: Denn wie oft — das weiß dein Herz — hast auch du anderen geflucht!
Hüten vor Übergerechtigkeit: Es gibt keinen Menschen, der ohne Schuld wäre. Im Blick auf die eigenen Grenzen soll man gerade gegenüber dem Nächsten großzügig sein. Das ist eine gottgewollte, menschenfreundliche Haltung. Denn wer dem Nächsten in strenger Weise ständig die vollkommene Gerechtigkeit vorhält, stellt ein Ziel auf, das unerreichbar ist. Man steht dann in der Gefahr übergerecht zu werden. Übergerechtigkeit bestünde dann darin, die Augen vor der eigenen Fehlbarkeit zu verschließen, aber sofort beim Nächsten den Finger in die Wunde zu legen. Solche Übergerechtigkeit kann gegenüber anderen Menschen leicht zur Erbarmungslosigkeit werden.
Koh 7,23-29: Wahre Weisheit ist nicht zu finden
Koh 7:23: Dies alles habe ich mit Weisheit geprüft. Ich sprach: Ich will weise werden! Aber sie blieb fern von mir.
Koh 7,24: Was geschieht, kann man nicht ergründen. Es ist tief verborgen und nicht zu verstehen.
Koh 7:24: Wie weit entfernt ist das, was geschehen ist, und tief, ja, tief verborgen! Wer will es ausfindig machen?
Alles Erkennen ist Stückwerk: Der weise Forscher erkennt, je länger er forscht, desto mehr, daß all unser Erkennen Stückwerk ist. Des menschlichen Geistes höchste Weisheit ist immer: Wir wissen nichts. Das Wesen Gottes, seine Ratschlüsse und seine Pläne tragen einen so unerschöpflichen Reichthum in sich, daß wir ihn mit unserer Vernunft nimmer ergründen können.
Leben mit der Ungewissheit: Gott ist der schlechthin Andere, zu dem der Mensch beten, über den er aber nicht durch wortreiches Gebet verfügen kann. Es geht darum, Gott als den ganz Anderen, den Transzendenten zu erfahren, dessen tiefes Geheimnis uns Menschen letztlich entzogen bleibt. Der Mensch kann Gottes Tun nicht finden. Den begrenzten Menschen bleibt es unmöglich, die Fülle der Wirklichkeit restlos zu durchschauen. Der Mensch mag sich noch so sehr mühen und anstrengen, er wird auf Grenzen stoßen, die für ihn unüberschreitbar sind. So weiß er nicht, was auf ihn zukommt, und niemand kann ihm sagen, was die Zukunft bringt.
Koh 7:25: Ich wandte mich dazu, und mein Herz war dabei, zu erkennen und zu erforschen und zu fragen nach Weisheit und dem Endergebnis, aber auch kennenzulernen, wie dumm die Gottlosigkeit und wie unsinnig die Narrheit ist.
Koh 7:26: Da fand ich: Bitterer als der Tod ist eine Frau, die Fangnetzen gleicht, deren Herz ein Fallstrick ist und deren Hände Fesseln sind; wer Gott wohlgefällig ist, wird ihr entkommen, aber der Sünder wird von ihr gefangen.
Koh 7:27: Siehe, das habe ich herausgefunden, spricht der Prediger, indem ich eins ums andere prüfte, um zum Endergebnis zu kommen.
Koh 7:28: Was aber meine Seele noch immer sucht, habe ich nicht gefunden; einen Mann habe ich unter tausend gefunden; aber eine Frau habe ich unter diesen allen nicht gefunden!
Koh 7:29: Allein, siehe, das habe ich gefunden, dass Gott den Menschen aufrichtig geschaffen hat; sie aber suchen viele arglistige Machenschaften.
Das war eine Auslegung und ein Kommentar zu ausgewählten Bibelversen aus dem Buch Kohelet (Koh) Kapitel 7