Kohelet (Koh) Kapitel 12: Auslegung und Kommentar
Auslegung und Kommentar zu ausgewählten Bibelversen aus dem Buch Kohelet (Koh) Kapitel 12
Koh 12,1-8: Gedenke an deinen Schöpfer
Koh 12,1: Und gedenke an deinen Schöpfer in den Tagen deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre herannahen, von denen du sagen wirst: »Sie gefallen mir nicht.
Gedenke: Gedenke ist nicht nur eine Erinnerung, die nicht vergessen werden darf, sondern ein Gebot, das eine volle Hingabe an Gott beinhaltet, Ihn zu lieben, zu fürchten und Ihm zu dienen. Gott möchte, dass dieses „Gedenken“ in die Praxis des Lebens umgesetzt wird. Es geht darum, dass wir als Verwalter leben, die ihrem Schöpfer gegenüber Rechenschaft ablegen müssen über das, was wir mit unserem Leben getan haben. Wenn wir dem Schöpfer das Leben verdanken, dann ist es nur richtig, dass wir Ihm dafür danken und unser Leben Ihm widmen. Wenn man Ihn vergisst, führt das zu schlechten Entscheidungen, deren Folgen ein Leben lang anhalten können. G. de Koning
Es folgt nun bis V. 6 hin eine Zeichnung der Gebrechlichkeit des Alters mit lebendigen Farben, offenbar um der Mahnung: „Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend“ rechten Nachdruck zu verleihen.
Koh 12:2: Ehe die Sonne und das Licht, der Mond und die Sterne sich verfinstern und die Wolken nach dem Regen wiederkehren;
Koh 12:3: zu der Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen und die Müllerinnen aufhören zu arbeiten, weil sie zu wenige geworden sind, und wenn trübe werden, die aus dem Fenster schauen;
Koh 12:4: wenn die Türen zur Straße hin geschlossen werden und das Klappern der Mühle leiser wird, wenn man aufsteht beim Vogelgezwitscher und gedämpft werden die Töchter des Gesangs;
Koh 12:5: wenn man sich auch vor jeder Anhöhe fürchtet und Schrecknisse auf dem Weg sieht; wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich mühsam fortschleppt und die Kaper versagt — denn der Mensch geht in sein ewiges Haus, und die Trauernden gehen auf der Gasse umher —;
Koh 12:6: ehe die silberne Schnur zerreißt und die goldene Schale zerspringt und der Krug an der Quelle zerbricht und das Schöpfrad zerbrochen in den Brunnen stürzt
Koh 12:7: und der Staub wieder zur Erde zurückkehrt, wie er gewesen ist, und der Geist zurückkehrt zu Gott, der ihn gegeben hat.
Koh 12,7: Dann kehrt der Leib zur Erde zurück, aus der er genommen wurde; und der Lebensgeist geht wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.
Koh 12,8: Ja, alles ist vergänglich und vergeblich, sagte der Prediger, alles ist vergebliche Mühe!
Koh 12,9-14: Gottesfurcht und Gehorsam
Koh 12:9: Und über das hinaus, dass der Prediger weise war, lehrte er auch das Volk Erkenntnis und erwog und erforschte und verfasste viele Sprüche.
Koh 12:10: Der Prediger suchte gefällige Worte zu finden und die Worte der Wahrheit richtig aufzuzeichnen.
Koh 12:11: Die Worte der Weisen sind wie Treiberstacheln, und wie eingeschlagene Nägel die gesammelten Aussprüche; sie sind von einem einzigen Hirten gegeben.
Koh 12,11: Ja, die Worte der Weisen sind wie ein Stock, mit dem der Bauer sein Vieh antreibt. Ihre gesammelten Sprüche gleichen eingeschlagenen Nägeln: Sie verleihen dem Menschen einen festen Halt. Gott, der eine große Hirte der Menschen, hat sie uns gegeben.
Koh 12,12: Im Übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielen Bücherschreiben, und das viele Lernen macht den ganzen Körper müde.
Koh 12,13: Zu guter Letzt lasst uns hören, welche Schlussfolgerung sich aus all dem ergibt: Begegne Gott mit Ehrfurcht und halte seine Gebote! Das gilt für jeden Menschen.
Schlussfolgerung: Der Prediger schließt mit einer Zusammenfassung oder „dem Endergebnis“ seiner Lehre, „dem Ganzen“ von dem, was wir gehört haben, und was von ihm in diesem Buch aufgeschrieben ist. Er fasst seine Lehre in zwei Punkten zusammen: Furcht vor Gott zu haben und dies zu zeigen, indem man auslebt, was Gott in seinem Wort sagt. Alles ist zusammengefasst in dem, was untrennbar ist: Gott und sein Wort. Dieses Endergebnis gilt nicht nur für dieses Buch Prediger, sondern für das ganze Wort Gottes. Wer Gott fürchtet, führt ein Leben in dieser Welt, das zu seiner Ehre ist und das in das Leben in der kommenden Welt einmündet, wo alles zur Ehre Gottes ist. G. de Koning
Ehrfurcht vor Gott: Religiöse Praxis muss so sein, dass etwas von dem tiefen Respekt deutlich wird, mit dem der begrenzte Mensch dem unbegreiflichen Gott entgegentritt, dem Gott, der letztlich der geheimnisvolle, ganz andere bleibt. Bei der Gottesfurcht geht es um eine religiöse Grundhaltung, die Gott als den Schöpfer aller Dinge anerkennt und ganz ernst nimmt. Die Gottesfurcht wird ihm zum Kompass, der hilft, sich bei schwierigen ethischen Entscheidungen zurechtzufinden. Zu ihm werden wir zur bestimmten Zeit heimkehren.
Koh 12,14: Denn Gott wird Gericht halten über alles, was wir tun, sei es gut oder böse, auch wenn es jetzt noch verborgen ist.
Das Gericht: Das Begegnen mit Christus ist der entscheidende Akt des Gerichts. Vor seinem Anblick schmilzt alle Unwahrheit. Die Begegnung mit ihm ist es, die uns umbrennt und freibrennt zum Eigentlichen unserer selbst. Unsere Lebensbauten können sich dabei als leeres Stroh, als bloße Großtuerei erweisen und zusammenfallen. Aber in dem Schmerz dieser Begegnung, in der uns das Unreine und Kranke unseres Daseins offenbar wird, ist Rettung. Sein Blick, die Berührung seines Herzens heilt uns in einer gewiß schmerzlichen Verwandlung. So wird auch das Ineinander von Gerechtigkeit und Gnade sichtbar: Unser Leben ist nicht gleichgültig, aber unser Schmutz befleckt uns nicht auf ewig, wenn wir wenigstens auf Christus, auf die Wahrheit und auf die Liebe hin ausgestreckt geblieben sind. Im Augenblick des Gerichts erfahren und empfangen wir dieses Übergewicht seiner Liebe über alles Böse in der Welt und in uns. Das Gericht Gottes ist Hoffnung, sowohl weil es Gerechtigkeit wiewohl weil es Gnade ist. Wäre es bloß Gnade, die alles Irdische vergleichgültigt, würde uns Gott die Frage nach der Gerechtigkeit schuldig bleiben. Wäre es bloße Gerechtigkeit, würde es für uns alle am Ende nur Furcht sein können. Die Menschwerdung Gottes in Christus hat beides so ineinandergefügt, daß Gerechtigkeit hergestellt wird
Abschließender Gedanke
Abschließen möchte ich mit folgendem christologischen Gedanken: im ersten Kapitel stellt Kohelet diese rhetorische Frage: Gibt es etwas Neues? Zur Zeit Kohelets ist die Antwort: nein! In unserer Zeit lautet die Antwort: Ja! Die Frage, ob es auf der Welt etwas Neues geben könnte, können wir seit der Auferstehung mit Ja beantworten. Am Ostermorgen ist alles neu geworden. Eine Neuheit, die das Leben dessen, der sie annimmt, verändert. In der Auferstehung sagt Gott neu: Es werde Licht! Der Auferstandene selbst ist Licht, das Licht der Welt. Er ist das reine Licht: Gott selbst, der eine neue Schöpfung mitten in der alten werden läßt, Chaos zu Kosmos gestaltet.
Das war eine Auslegung und ein Kommentar zu ausgewählten Bibelversen aus dem Buch Kohelet (Koh) Kapitel 12